Dies ist weder eine Frage nach der Uhrzeit, noch ein Informationsbegehren bezüglich der Position, wo sich denn der Wecker nun tatsächlich befindet. So befragt der Kunde auf dem Trödelmarkt den Verkäufer hinter dem Tapeziertisch, der – bekleidet wie ein österreichischer Liftbügelanreicher im Februar – sein buntes Sammelsurium von gehortetem Pröll aus Speicher und Keller nun auf einem sogenannten ‚Kram und Trödelmarkt‘ feilbietet.
Der knallgelbe Kinderwecker mit Diddl-Maus Zifferblatt wechselt für 2 € den Besitzer, der seine Beute als Schnäppchenjäger mit Stolz heimträgt. Auch er wird eines Tages nach dem Durchforsten der Kinderzimmer einen überfüllten Keller haben und über das Thema Trödelmarkt nachdenken. So wie wir, die zusätzlich auf Drängen der Tochter mit chronischer Ebbe im Geldbeutel, alle Lagerkapazitäten erschöpft hatten und fest entschlossen waren: ALLES MUSS RAUS!
Na klar, tut der Papa doch gerne. Am Ende bleiben sogar ein paar Euro über, für die dann neuer Wohlstandsmüll erworben wird (der eines Tages wieder auf dem Tapeziertisch liegt). „Wie viel kommt der Burberry Schal?“ heißt es dann. „Für dich 10 €, Sportsfreund!“ Man darf nur nie fragen, was all das Zeug mal tatsächlich im Laden gekostet hat. Ansonsten ist die Moral schnell verflogen, wenn Vati morgens um 6.20 Uhr bei 5 °C auf dem Parkplatz eines Supermarktes mit den Mitbewerben um die besten Plätze keifen muss. Die meistgestellte Gegenfrage ist die jeweilige Reduzierung des genannten Preises um 50%: „…geht auch fünf Euro?“ Das fragen die aber auch bei 50 Cent! Basar eben!
Wenn der Preis schließlich stimmt, geht alles über den Tisch: Teller ohne Henkel, Brillen ohne Gläser und auch ein Globus aus der Zeit, als man die Erde noch für eine Scheibe hielt. Mein persönliches Verkaufs-Highlight war ein kirschroter Bowletopf mit weißen Herzchen, der – nie benutzt – als Hochzeitsgeschenk vor 27 Jahren als erstes Teil den Weg in den Keller gefunden hatte. Was sich bei eBay noch nicht mal in der Rubrik ‚Kuriositäten‘ verhökern lässt, findet auf dem Trödelmarkt garantiert einen Freak, der damit sein Zuhause verschönert (für 1 € natürlich).
Wer nach dem morgendlichen Ansturm der vermeintlichen Profi-Elstern „…hast du Gold?…hast du Silberschmuck von deine Oma?“ auch den zweiten Käufer-Tsunami der dunkelhaarigen Finsterfaces-Fraktion in ballonseidenen Jogginganzügen  „…hast du Handys? …hast du Läbbbdobbs?“ überstanden hat, darf sich ab 11.00 Uhr auf kaufwillige Sonntagsausflügler freuen, die einem den Rest abkaufen – Hauptsache, man kauft Unnützes, wenn nur der Preis stimmt.
Am späten Nachmittag, nach dem Einpacken der nicht verkauften Kuriositäten, fahren wir dann mit der Gewissheit nach Hause, gefühlte 5 cm³ weniger Altlasten im Keller, dafür aber einen Beutel voller Münzgeld zu haben. Im Radio läuft Scooter mit seinem Hit ‚How much is the fish?‘ – der muss wohl auch mal auf dem Trödelmarkt gewesen sein.
Ihr Gregor Kelzenberg