Im Frühjahr dieses Jahres habe ich mit meiner Frau und meinem Sohn nebst Partnerin eine Fernreise nach Asien unternommen. Unsere Leidenschaft des ‚Insel-Hoppings‘ haben wir auf den ostthailändischen Inseln praktiziert und waren absolut begeistert. Aber, was wäre ein Kolumnenschreiber wie ich, wenn er sich nicht wieder an irgendwelchen Beobachtungen aufgerieben hätte mit der Absicht, Sie damit zu unterhalten. Mit Sicherheit haben Sie ähnliche Erfahrungen auf Reisen gesammelt, über die es sich zu berichten lohnt.

Bei solchen Backpacker-Reisen ist natürlich das Internet mit den bekannten Buchungs-Apps eine große Hilfe, weil man oft morgens noch nicht weiß, wo man abends sein Haupt bettet. Bestimmt habe ich an dieser Stelle schon mal über die alte Kreuzfahrer-Weisheit gesprochen: ‚You get, what you pay for‘, doch selten ist mir aufgefallen, wie einen die Macht der (bearbeiteten) Bilder oder prosaische Worthülsen irreleiten können. So waren wir auf mehreren Inseln in elf verschiedenen Unterkünften – vom 5-Sterne-Hotel mit Roof-Top- Pool und Pillow Card (einer Karte, auf der der Hotelgast die Art der Daunenfüllung, den Härtegrad des Kissens und die Qualität des Bezugstoffes auswählen kann) bis zum naturnahen Hühnerstall im Dschungel mit nächtlichem Affengebrüll und garantierten Raschelgeräuschen unter dem Bett von Tieren, die ich nur aus der Reptilienabteilung im Aqua Zoo kenne. Was soll ich sagen: In den authentischen Hühnerställen habe ich mich manchmal wohler gefühlt als im Luxus-Schuppen (man hat jedenfalls deutlich mehr zu berichten). Dies mag u. A. daran gelegen haben, dass es von der Veranda zum weißen Sandstrand manchmal nur wenige Schritte waren.

Ich möchte Ihnen ein paar Gedanken zu ‚Überschriften‘ hinsichtlich der Unterkünfte wie folgt mitteilen: Nachhaltigkeit ist heutzutage eine zu oft benutzte und bisweilen leicht überstrapazierte Vokabel, die seitens der Hotellerie den Gast in eine überinterpretierte Eigenverantwortung einbindet und ihm ein selbstbestimmtes, ökologisches Handeln vorgaukelt. Schon lange kennen wir im Hotelzimmer die Spiegelaufkleber, die einen ermuntern, darüber nachzudenken, sein Handtuch ein zweites Mal zu benutzen, um weltweit Millionen Kubikmeter Wasser und Waschmittel einzusparen.

So weit, so gut. Doch gilt dies auch für neues Toilettenpapier oder Bettwäsche, von der man den Eindruck hat, als hätte schon jemand darin übernachtet? Ich befürworte generell jede Art von bewusstem Umgang mit Ressourcen. Aber der Grundgedanke, beim Duschen nass zu werden, sollte vor lauter Nachhaltigkeit nicht aus dem Auge verloren werden. Wenn der laut Hotelbeschreibung beheizbare Pool von 17 auf 18 Grad aufgeheizt ist, wird dem mit blauen Lippen bibbernden Schwimmer ein klimabewusstes Handeln im Sinne der Erhaltung des Planeten vertickert …

Kleiderbügel können nur von Frauen und für Frauen erfunden worden sein. Warum zum Teufel sind in besseren Hotels seit Neuestem die Kleiderbügel diebstahlsicher ohne den klassischen, runden Haken ausgestattet? Diese haben stattdessen nur einen Nippel, den man wie bei einem Snöjonkvill Duschvorhang von Ikea in eine RingÖse einhängen kann. Wird man vom Hotel-Management etwa verdächtigt, freihängende Kleiderbügel zu entwenden? Wer nimmt denn bitte Kleiderbügel als Urlaubserinnerung mit nach Hause? Bei einem schicken Bademantel oder flauschigen Badetuch hätte ich ja noch Verständnis.

Was braucht es im Nassbereich mehr als eine funktionierende Dusche und ein sauberes WC? In einer großzügig gestalteten Unterkunft mit bodentiefen Panoramafenstern, bei denen der Blick aufs türkise Meer nur von einzelnen Kokospalmen unterbrochen wurde, stand mittig im Eingangsbereich eine freistehende, weiße Designer- Badewanne. Hä? Wofür? Sie diente während unseres 4-tägigen Aufenthaltes auf dieser Insel ausschließlich als Kleiderablage und Abfalleimer, weil es in der gesamten Suite nicht einen einzigen Haken gab, an dem ich meinen Kulturbeutel (übrigens ein sehr inspirierender Artikel, der eine eigene Kolumne verdient hat) hätte aufhängen können. Die Planer und Einrichter waren wohl der Auffassung, eine Ablage oder ein Haken an der Wand hätten das minimalistische Set-up unterwandert. Jedenfalls lernte ich erstmalig in diesem Designerambiente die Vorzüge eines nur 50 Zentimeter hohen Waschtisches kennen: nämlich keine! Sieht nicht nur sch…. aus, ist auch sehr unpraktisch. Ich kannte so etwas bislang nur aus den Waschräumen in Kindergärten. Beim Zähneputzen fühlte ich mich an Kinderzeiten erinnert, als es höllischen Spaß machte, von einer Rheinbrücke ins Wasser zu spucken. Zum Glück bin ich nicht besonders eitel, denn hätte ich mich vor dem Spiegel kämmen wollen, wäre dies nur im Knien möglich gewesen …

Man darf gespannt sein, welche Pfeile die Innenarchitekten und Gestalter von Hotelzimmern noch im Köcher haben, um sie auf unseren gesunden Menschenverstand abzuschießen. Über welches Portal Sie das Domizil auch immer buchen sollten, in der Bestätigung steht bestimmt: ‚Sie haben Glück; sonst immer ausgebucht‘. Egal, wohin es Sie im nächsten Urlaub verschlägt. Bleiben Sie aufmerksam und nehmen sicherheitshalber eine Wäscheklammer mit, wer weiß wofür …

Ihr Gregor Kelzenberg