An dieser Stelle habe ich bestimmt schon einmal über die Begierde des Menschen geschrieben, sich wirtschaftliche Vorteile verschaffen zu wollen und diese vor allem gegenüber anderen auch deutlich zum Ausdruck zu bringen. Sie erinnern sich an den Werbeclip, in dem sich zwei Männer an der Reling eines Kreuzfahrtschiffes über den jeweils bezahlten Reisepreis unterhalten? Schon vor 25 Jahren provozierte ein Kaufhaus für Unterhaltungselektronik mit dem Slogan ‚Ich bin doch nicht blöd‘ und später mit ‚Die Mutter aller Schnäppchen‘. Dieser Preishammer-Trend scheint bis heute ungebrochen zu sein und macht sich samstags deutlich an der Menge der Prospektbeilagen im Briefkasten bemerkbar. Woche für Woche unterbieten sich die Discounter mit den Preisen für ein Pfund Butter, ein Kilo Mett und dem obligatorischen Kasten Bitburger. Dennoch ist am Ende des Geldes immer noch so viel Monat da …

Im Segment der Pauschalreisen wird um die Gunst eines jeden Reisenden ebenso aufs Äußerste gekämpft und die Preise immer weiter nach unten kalkuliert. Doch wann ist die Grenze erreicht und an welcher Stellschraube kann man überhaupt noch drehen? Wer eine Woche nach Ägypten fliegt, braucht einen Flug, ein Hotel, etwas zu Essen und ggf. auch etwas zu Trinken. Zu diesem Zweck bedient sich die Reisebranche des unscheinbaren Wörtchens ‚ab‘, welches meist etwas kleiner oben rechts über dem Preis steht. So gilt dann der Knallerpreis in Höhe von 445 Euro für eine Woche Sharm EI Sheikh mit ultra all inclusive (UAI) nur in der Reisezeit von Oktober bis Ende November mit Nachtflug um 03:20 Uhr ab Leipzig. Das gebuchte Zimmer in dieser Kategorie verfügt über einen Blick ins Landesinnere und liegt direkt über der Abluftanlage der Zentralküche. Die lauwarmen Getränke ortsansässiger Brauereien oder Lizenz-Destillerien werden serviert in Zimmertemperatur aus matten Plastikbechern (Eiswürfel nach Verfügbarkeit). Die Handtücher taugen zum Abschmirgeln eines Garagentores (Körnung 120) und aus dem Pool trinken noch nicht einmal die Möwen. Die Geräuschkulisse beim Einschalten der Klimaanlage erinnert an eine Festzeltheizung auf dem Oktoberfest und die dabei freigesetzten Keime würden das Wartezimmer einer pneumologischen Praxis in der Größe der Tribüne des Hockeyparks füllen. Freuen sie sich auf ein reichhaltiges Frühstücksbuffet ab 06:30 Uhr (nachgelegt wird bis 06:45 Uhr) mit frischen, landestypischen Spezialitäten. (Der Abschluss einer Auslandskrankenversicherung wird dringlichst empfohlen …)

Sie merken, dass da wenig Luft nach unten ist. Die Reisekasse kann natürlich noch zusätzlich belastet werden mit einer originellen Quad-Safari, einschließlich Kamelritt und Besuch eines typischen Berberdorfes (der Dorfälteste ist ein Schwager des Hotelmanagers und vertreibt handgeknüpfte Teppiche – sehr gute Qualität). Für die sportlich Ambitionierten bietet sich ein 4-tägiger Tauch-Crashkurs an, dessen Teilnahme-Diplom zum weltweiten Ausleihen einer Taucherbrille befähigt.

Die alte Reise Weisheit ‚You get what you pay for‘, wird immer Bestand haben und ist nicht wegzudenken. Wenn Sie sich in Buchungsportalen Hotels anschauen, wird in der Preisspalte immer das günstigste Zimmer ohne Frühstück und ohne Stornierungsoptionen offeriert. In der Bilderleiste werden hingegen immer nur die renovierten Suiten mit Meerblick und freistehender Badewanne gezeigt.

Das Gleiche gilt bei der Flugsuche: Zum supergünstigen Frühbucher Schnäppchenpreis, kommt das Gepäck, die Sitzplatzreservierung, die Sylter Currywurst, die Reiserücktrittversicherung usw. on top. Aus den vermeintlichen 99 Euro DUS – PMI sind dann auf einmal 199 Euro (uuuups) geworden. Aber was soll’s: Malle is nur einmal im Jahr.

Und wenn die eingelegten Nacken Koteletts, Haltungsklasse -1, am Donnerstag – dem Prospekttag – nur 1,99 Euro kosten: Dann geh doch zu Netto!

Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub – viel Spaß beim Buchen.

Ihr Gregor Kelzenberg