Bald geht es wieder los: Die Urlaubssaison beginnt mit den Osterferien und der reisesüchtige Deutsche verbreitet seinen Frohsinn auf allen fünf Kontinenten. Ob mit dem Flieger, der Bahn, mit dem Auto oder gar zu Fuß, kein Winkel unseres einzigartigen Planeten bleibt unentdeckt und wird – nicht nur mit dem guten Eindruck, den man hinterlässt – markiert.

Keine entlegene und nur unter waghalsigem Einsatz des Lebens zu erreichende Badebucht oder noch vermeintlich unbestiegener Gipfel (zu erkennen am fehlenden Kreuz) bleibt dem gründlich recherchierenden Touristen verborgen und wird eingenommen. Mittels GPS werden die Koordinaten gepostet, das Profil gescannt, per Selbstauslöser ein Beweisfoto erstellt, welches sofort ins Netz hochgeladen wird, und schließlich – als ultimative Reviermarkierung – eine leere Mc Donalds Tüte in eine Felsspalte gequetscht. Die (reeedlich verdiente) Dose Bier, die zuvor aus ökologischen Gründen als Outdoor Aschenbecher fungierte, wird halbherzig vergraben, ehe man vor dem Verlassen des Hot Spots mittels Leatherman oder anderem TCM-Multitool noch Namen, Datum und gegebenenfalls eine Pfadfinderweisheit in den Fels ritzt.
Ärgerlich ist nur, dass meist schon ein Engländer, Franzose oder gar ein Österreicher vor einem da war (ein Holländer ist an dieser Stelle auszuschließen, weil der im Hotel bleibt und sich nicht weiter als 500 Meter vom Heineken Zapfhahn weg bewegt).
Der Weltenbummler hinterlässt also keineswegs nur Butterbrottüten, Batterien und schlecht klebende Blasenpflaster – nein, er bringt in der Regel auch etwas für die Daheimgebliebenen oder für sich selbst als Erinnerungsstück mit. Angebot und Nachfrage bestimmen hier die Regeln. Und davon lebt schließlich eine ganze Industrie: Sei es ein Eiffelturm aus Marzipan, Prinz Charles als Duftkerze oder eine begehbare Kuckucks-Uhr aus dem Glottertal – gekauft wird alles, was hässlich und teuer ist.
Als Jugendlicher hab ich beim Klassenausflug ins Römisch-Germanische Museum in Köln schon beeindruckt am Souvenir-Kiosk auf der Domplatte bunte 3D-Postkarten von Heiligen bestaunt, die je nach Blickwinkel ein Auge zukneifen. Während die älteren Semester eher konservative Originalitäten vom jeweiligen Urlaubsziel mitbringen – zum Beispiel Printen aus Aachen, Stollen aus Dresden, Tulpen aus Amsterdam – ersteht die jüngere Generation eher T-Shirts mit obszönen Piktogrammen oder jamaikanische Strickmützen mit aufgesticktem Appell zur Legalisierung von Cannabis. Am Gepäckband erkennt man den rotgesichtigen Ibiza-Heimkehrer am mexikanischen Strohhut, der in meinen Augen genauso dämlich aussieht, wie die Balirückreisende mit curryfarbenem Sarong und tätowierten Händen – natürlich mit Henna.
Ist für Frauen der Erwerb eines Dirndls in Bayern mittlerweile Pflicht, oder darf ich als Mann auch das Sakko vom Hinflug tragen? Wäre vielleicht eine Anregung für eine neue TV-Quizsendung: Identifikation von Urlaubsheimkehrern an ihrem Outfit, Kai Pflaume führt durchs Programm. Durch die neuzeitlichen Sicherheitsbestimmungen für Handgepäck bleibt der Retsina zum Glück in Griechenland und der andalusische Sherry schmeckt vor Ort sowieso viel besser.
Bei kulinarischen Urlaubsmitbringseln hab ich mich schon oft selber gefragt, ob wir vor Ort dieses Zeug tatsächlich getrunken oder gegessen haben. Der auf dem Gewürzmarkt in Assuan für vermeintlich ‚kleines Geld‘ gekaufte Salbeitee schmeckt daheim wie Katzenklo und das als persischer Safran angepriesene Zeug taugt nur zu Dekorationszwecken.
Schon seit Jahren manipuliere ich meine Töchter in ihrer Erwartungshaltung, indem ich schon vor dem Urlaub beteuere: „Da gibt es bestimmt wieder nur Kitsch.“ Aber genau den wollen sie haben. Während meine Frau dann wieder in bunten Armbändchen stöbert, schau ich schon mal nach Kräutern und Gewürzen. Ganz hinten im Küchenschrank ist bestimmt noch Platz…

 
 
Ihr Gregor Kelzenberg