Obwohl wir ja weiß Gott in diesem Jahr daheim ausreichend Sonne genießen konnten und der Sommer sich von seiner besten Seite gezeigt hat (also rein wettertechnisch), bin ich mit meiner Frau im Herbst noch mal für eine Woche in den Süden geflogen. Während ich jetzt auf dem Rückflug in 8.000 Metern Höhe aus dem Boeing-Fenster den pittoresken Verlauf der ägäischen Küste verfolge, denke ich mal wieder über die auffälligen Verhaltensweisen von Reisenden, im Besonderen an Flughäfen, nach.

Vor Jahren habe ich an dieser Stelle, die Älteren unter Ihnen werden sich noch erinnern, den ‚Tomatensaft-trinkenden-Landeklatscher‘ vorgestellt. Man könnte meinen, diese Spezies wäre ausgestorben. Doch weit gefehlt. Vereinzelte Exemplare dieses Genres bereisen nach wie vor den Kontinent, natürlich vornehmlich auf Pauschalreiserouten, hier bevorzugt im a. i. Sektor (Anm. d. R: a. i. steht für all inclusive).

Ein, wie ich finde, dazu passender Slogan aus dem Hochglanz Bordmagazin von Olympic Air, den ich gerade gelesen habe, ist der, der die grenzenlosen Vorzüge einer
Kreditkarte bewirbt: Living the exclusive, not the all inclusive.

Doch zurück zum Homo Sapiens (aus dem lateinischen übersetzt übrigens ‚weiser Mann‘) auf Reisen. Ein jeder, der seit 9/11 –
ja, es ist tatsächlich schon 17 Jahre her! – ein Flugzeug betreten hat, weiß, dass die Mitnahme von Getränken beziehungsweise definierten Mengen an Flüssigkeiten an Bord verboten ist. Warum sehe ich dann immer wieder vor der Sicherheitskontrolle achselzuckende Vollpfosten mit zwei Dosen Paulaner im Rucksack, die dann auch noch auf den Verzehr der Erfrischung an Ort und Stelle (… bevor ich die hier
lasse …) bestehen, ehe sie dann rülpsend durch den Duty-free Shop stolpern?

Mich würde eine Statistik interessieren, wie viele Tonnen Nagelfeilen, Schweizer Messer und  Literflaschen Hairconditioner täglich weltweit einkassiert werden. Wer mag den Pfandwert der abendlich geleerten Flaschensammelbehälter kassieren? Für die Ausstattung des Bordpersonals von Ryanair wird er jedenfalls nicht aufgewendet!

Ich schließe mich keinesfalls aus, wenn es um die bangen Minuten des Wartens nach dem Einnehmen des eigenen Sitzplatzes geht: „Hoffentlich bleibt der Sitz neben mir frei“, oder „bitte nicht den dicken Tätowierten mit dem lilafarbenen Ed Hardy Muscleshirt, dessen orange schimmernde Achselhaarbüsche mir schon im Busshuttle zum Flieger nicht nur optisch wie gerostete Ako Pads aufgefallen sind.“ Man taxiert die Leute und hofft, vor dem Schlimmsten bewahrt zu werden.

Ich hab mal neben einem hibbeligen Holländer mit orangefarbenen Plastik-Armbändchen vom A. I. Club Aldiana gesessen, der permanent vom Clubleben schwärmte und von seinem abendlichen Erfolg beim Tanzen erzählte. Dann doch lieber die Asiatin, die mal auf dem Flug von  Athen nach Köln neben mir ein ganzes kleines Toastbrot gegessen (trocken!) und dabei auf ihrem Laptop circa 2.500 Selfies bearbeitet hat; Landschafts- und Essensaufnahmen waren auch gelegentlich dabei.

Zum Schluss noch eine Attitüde, die in den letzten Jahren verheerende Ausmaße angenommen hat: der WIFI Passwort Geier. Noch bevor das Pärchen vom Kellner einen Tisch zugewiesen bekommt, wird unermüdlich nach dem Passwort gefragt und dieses sogleich geteilt. Sollte schlechter Empfang vorherrschen, wird gar nicht erst Platz genommen und dies bei Tripadvisor ausdrücklich mit Daumen nach unten bewertet. Im Sinne von: Miese Küche, warmes Bier und schlechter
Service – aber super Empfang!

Sie sehen: Ich war mal wieder weg, bin gut gelaunt, bestens erholt und freue mich jetzt riesig auf Weihnachten. Vielleicht sehe ich bis dahin ja wieder ein paar Experten, die Sie auch schon mal gesehen haben, aber bislang mit noch niemandem darüber reden konnten.

Bis dahin, alles Gute und tot ziens

Ihr

Gregor Kelzenberg