Neulich habe ich in einem TV-Beitrag gesehen, dass es jetzt für Intensiv-
Handy-Nutzer eine App gibt, die beim Gehen im öffentlichen Straßenraum bei gleichzeitigem Betrachten des Smartphones einen zusätzlichen Bildschirmbereich aktiviert (ein sog. Split Screen), der automatisch die Kamera in Betrieb nimmt und den unmittelbaren Bereich vor einem filmt. Somit soll ausgeschlossen werden, gegen Laternenpfähle zu laufen, in Baugruben zu fallen oder in Springbrunnen zu stolpern (alles schon oft genug passiert – schauen Sie mal bei YouTube rein).

Toll!!! … dachte ich mir. Wenn das mal nicht eine sinnvolle Erfindung ist; ein evolutionärer Schritt auf dem Weg in eine bessere, sorgenfreiere Zukunft. Sie ist bestimmt vom gleichen Daniel Düsentrieb, der auch die sich weiterdrehende Parkscheibe erfunden hat und einem die Parkraum-Wächterinnen (auch ein tolles Wort – oder?) vom Hals halten soll. Werden wir denn immer bekloppter? Nehmen wir uns selber denn so wichtig, dass wir nicht mal für ein paar Stunden auf die Dinger verzichten können? Mag ja durchaus sein, dass es Berufe gibt, in denen man ständig erreichbar sein muss – Gott sei Dank sind Handys hier große Helfer.

Doch welche Bevölkerungsgruppe nutzt die Dinger am intensivsten? Richtig: die Jugendlichen zwischen 16 und 26 Jahren.

Ich war vor Kurzem mit meinem Enkelchen im Odenkirchener Tierpark – durchaus  empfehlenswert – und sehr erstaunt, während der Fütterung der Seelöwen eine junge Mutter zu beobachten, die ihrem 2-jährigen Sohn im Buggy ein Smartphone in die Hand drückte und einen quietschbunten Zeichentrickfilm abrief (während sie ohne Unterbrechung mit schrägem Kopf (Mobilfunk-Nacken) auf ihrem Handy mit anderen Müttern Belanglosigkeiten austauschte). Den Seelöwenbabys war‘s egal, sie durften sich der bedingungslosen Fürsorge ihrer Mutter sicher sein.
#traurige Welt.

Dabei macht das Thema Social Media auch vor der Tierwelt nicht halt. Denken Sie nur an Rudolf Mooshammers Daisy oder an die Katze Chupette des kürzlich verstorbenen Karl Lagerfeld. Bei einer kurzen Recherche im Internet las ich von einer Malteser-Hündin in Amerika, die von ihrem Frauchen 12 Millionen Dollar geerbt haben soll. Jetzt ist dieses Hündchen auch verstorben und die Welpen streiten sich ums Erbe? Aber Geld ist ja nicht alles – ist nicht Ruhm und Anerkennung das Wertvollste in einem Tierleben? Diese Währung wird im Internet mit der Anzahl der ‚Follower‘ bewertet. So ist das medial berühmteste Tier bei Instagram der kleine Hund Jiffpom mit 6,4 Mio. Folgern und das Alpaka Lama Chewy ist mit nur 600.000 Followern weit abgeschlagen auf Platz 4 der Rangliste. Von diesen Problemen haben Lassie, Flipper und Fury nichts geahnt. Der Einzige, der in meinen Augen immer schon Star-Allüren hatte, war Clarence, der schielende Löwe von Daktari. Der hatte doch immer Angst, dass ihm die Schimpansen-Dame Judy die Schau stiehlt.

Mein persönlicher Liebling war immer Herr Nilsson, der kleine Affe von Pippi Langstrumpf. Nur seine Strickklamotten mit den großen Knöpfen fand ich abscheulich – aber das war ja auch vor der Zeit von Karl Lagerfeld.

Grüßen Sie mir Ihre Goldfische

Gregor Kelzenberg