Wir wollen mal wieder in die City! Dort gab es im Oktober des vergangenen Jahres die Wiedereröffnung einer sehr, sehr alten Gaststätte. Fast jeder Mönchengladbacher kennt das berühmteste und vermutlich auch älteste Gasthaus der Stadt – das St. Vith. Seine Geschichte zu beschreiben, ist also vollkommen überflüssig.
Ich gehöre wirklich nicht zum Idealtyp der Stadt- und Verkehrsplaner, ich fahre nämlich sehr gerne mit meinem Wagen genau am Zielort vor. Hier oben in der alten Stadt komme ich mir beinah vor wie Don Quichotte, der nicht gegen Windmühlen ankämpft, sondern den eiserne Gladiatoren mit blau-roter Kriegsbemalung und weißen Pfeilen daran hindern, sein Gefährt gebührend abzustellen. Allerdings finde ich doch einen Parkplatz, der mich nur 50 Meter vom St. Vith trennt. „Das fängt ja nett an“, denke ich mir.
Es ist noch recht früh am Abend und der Betrieb beginnt gerade erst. Im Erdgeschoss sitzen nur ein paar durstige Besucher. Meine Begleitung und ich  bevorzugen den Nichtraucherbereich im ersten Stock und nehmen als Erste des heutigen Abends an einem großen Holztisch Platz. Irgendwie strahlt der große weiß gestrichene Raum mit den Wandlampen und dem Kronleuchter im Erker etwas Beruhigendes auf uns aus. Auf Klimbim wurde anscheinend bewusst verzichtet, damit man sich auf sich selbst und seine Gesellschaft konzentrieren kann. Die Musik spielt sehr leise im Hintergrund und am interessantesten sind sowieso die Gäste, die nun mit voranschreitender Zeit den Raum füllen.
Uns interessiert natürlich die Speisekarte, die Alejandro Pfaffenbauer, den wir bereits aus dem La Pampa kennen, für sein St. Vith neu zusammengestellt hat.
Die gutbürgerlichen Gerichte, wie wir sie hier erwartet haben, sind bis auf ein paar kleine Ansätze nicht auf der Karte zu finden. Der Schwerpunkt liegt doch bei den Steaks, was man ja verstehen kann. Wie heißt es so schön: „Schuster bleib bei deinem Leisten.“
Nun gut, wir wählen eine Tomatensuppe und eine Käse-Lauchcremesuppe sowie die Artischockenherzen mit Knoblauchcreme zur Vorspeise. Die Suppen werden schnell serviert. Ich liebe Tomatensuppe, vor allem, wenn sie frisch und unverfälscht zubereitet ist. Das ist glücklicherweise der Fall. Die Lauchcremesuppe wurde gerade in der Küche fertiggestellt und kommt ganz frisch auf den Tisch. Hier wissen wir, dass so ein Süppchen mit Fleischeinlage gerne mal eine Nacht zieht, um den Geschmack etwas breiter zu präsentieren. Die Artischockenherzen sind ohne Tadel – mit dieser Gemüsevorspeise punktet man auf jeden Fall bei Vegetariern und Kalorienzählern.
Als Hauptspeise nehmen wir ein Stück Paillard vom Rind mit Drillingen. ‚Drilling‘ steht hier nicht etwa für ein Jagdgewehr, sondern für Speisekartoffeln, welche die Mindestgröße von 35 mm für lange beziehungsweise 30 mm für runde Kartoffeln unterschreiten. Gut zu wissen.
Aber was hat das mit dem Paillard auf sich? Der Chef hat es auf der Speisekarte etwas näher erläutert. Es handelt sich um ein geplättetes Stück Fleisch, welches noch höchstens einen Zentimeter Dicke hat und idealerweise so dünn geklopft ist, dass man eine Zeitung hindurch lesen kann. Gegart wird es in kürzester Zeit in einer gut gefetteten Pfanne. Das geht ruck zuck – ideal für die Küche à la minute.
Uns wird eine reichhaltige, den Teller gänzlich füllende Portion serviert, die einen hungrigen, hart arbeitenden Mann wirklich sättigen kann. Einfach lecker, gut gewürzt und vollkommen unkompliziert.
Für mich persönlich ist die Speisekarte für einen Restaurantbetrieb etwas zu lückenhaft und müsste für ein so großes Haus mit fast 160 Plätzen etwas reifer ausgearbeitet werden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Das heutige Dessert ist so genial wie einfach und kommt bei uns so gut an, dass wir es noch ein zweites Mal hinterher bestellen: Vanilleeis mit heißen Himbeeren und Sahne. Mein Gott, ist das lecker.
Zum Abschluss genehmigen wir uns noch einen ordentlichen Espresso und verabschieden uns mit einem freundlichen ‚Bis bald‘.
Ihr LeckerSchmecker
Jean Jacques
 
Gasthaus St. Vith
Alter Markt 6 // MG
Fon 02161.2473760
www.st-vith.de

Öffnungszeiten
Mo – Do // 17 – 24 Uhr
Fr – Sa // ab 12 Uhr
So // 14 – 22 Uhr