Wortspiele sind doch etwas Feines – vor allem, wenn man seiner beruflichen Passion einen treffenden Namen geben möchte. Bei aller Kreativität kann so eine Namensfindung ein recht aufwendiger Prozess sein. Da fragt sich der typische Niederrheiner bestimmt so manches Mal, ob solch ein ‚Bohai‘ – für alle ‚Zugezogenen‘: so ein Aufwand – tatsächlich sein muss.
Für die federführenden Köpfe eines Restaurants im Neusser Industriehafen lautete die Antwort: Definitiv jein! Sie wollten bei der Namensgebung nicht nur ihr ehrliches Küchenkonzept, sondern auch die Unkompliziertheit ihrer Heimat sowie die ungezwungene Gemütlichkeit der Lokalität ausdrücken – überflüssiger Schnickschnack, lange oder aus anderen Sprachen entlehnte Wortungetüme wären also mehr als unpassend. Und so prangt heute in großen Lettern an der Fassade einer urigen Hafenbrasserie ‚Bohai‘.
Dort, wo tagsüber fleißig be- und entladen wird, herrscht abends eine himmlische Ruhe, die den perfekten Rahmen für kulinarische Höhenflüge bildet. Das Bohai selbst versprüht ebenfalls einen besonderen Charme. Innenhof und Biergarten lassen Karibikflair entstehen, Palmen inklusive. Der Innenraum hingegen könnte auch einem englischen Retro-Streifen als Kulisse dienen. Während in Herbst oder Winter draußen dicke Nebelschwaden wabern, wäre man wahrscheinlich nicht überrascht, wenn plötzlich Sherlock Holmes persönlich neben einem Platz nähme …
Fragt sich doch nur, auf welch spannende Reise es in der Küche geht. Und auch nach meinem Besuch kann ich Ihnen darauf keine klare Antwort geben. Es gibt fantastische Steaks vom Grill, elegante Fischgerichte mit asiatischen, französischen und mediterranen Einflüssen sowie hausgemachte Pasta, aber auch deftige Hausmannskost. So gesehen ist die ganze Welt kulinarisch vertreten. Unsere ‚Bohaillabaise‘, die wir uns als Vorspeise gönnten, war zwar ein wunderbar aromatischer Fischeintopf mit viel Einlage, der jedem Franzosen geschmeckt hätte, aber doch irgendwie so ganz anders als die klassische Bouillabaisse. Wir jedenfalls waren begeistert! Genau wie vom zweiten Starter, feinem Thunfisch auf grünem Spargel mit Sesamcreme. Der edle Fisch war tatsächlich nur kurz vom Feuer geküsst und innen noch roh. Genau so gehört es sich!
Bei den Hauptspeisen folgten wir dann ganz den Empfehlungen des Hauses und entschieden uns einmal für die in Rotwein und Wurzelgemüse geschmorte Ochsenschulter mit Grillgemüse. Ein deftiges wie feines Gericht, unglaublich aromatisch und zart. Und wahrscheinlich kennen Sie als treuer Jean-Jacques-Leser meine geheime Saucen-Leidenschaft – hier durfte ich wieder im Glück schwelgen. Wahl Nummer zwei aber offenbarte dann die größte Überraschung des Abends: Serviert wurden zwei leckere Fischfrikadellchen auf Quinoa-Risotto und Sprossensalat. Die Frikadellen an sich waren schon gut und hatten überhaupt nichts mit ihren panierten Farce-Kollegen gemeinsam. Aber das Quinoa-Risotto lässt mich noch bei der puren Erinnerung innerlich jubeln. Leicht säuerlich, leicht nussig und süß, dazu noch die eigenen Noten von knackigen Gemüsestückchen – eine wirklich neue und faszinierende Geschmacksexplosion.
Wenn also auch Sie einmal unkompliziert und einfach lecker in außergewöhnlicher Atmosphäre essen möchten, kann ich Ihnen nur einen guten Tipp geben: ‚Mach kinn Bohai‘ – fahr nach Neuss.
Ihr LeckerSchmecker
Jean Jacques
INFO// Bohai Hafenbrasserie | Hansastraße 14 | Neuss | Fon 0211.24792460 | www.bohai.de | Di – So | 17.30 – 1 Uhr Mo | Ruhetag