Lang ist es her, dass die Gebrüder Blattschuss in ihrem Lied ‚Kreuzberger Nächte‘ die Kultur in Berliner Gaststätten besungen haben. Wie ist es heutzutage um unsere Kneipen bestellt?  

Ein Student geht mittwochabends alleine in die proppenvolle Eckkneipe, findet mit Glück einen Barhocker, setzt sich an die Theke, bestellt sich ein Bier, kommt umgehend mit dem Wirt und umstehenden Gästen ins Gespräch und verfolgt am Rande das Champions-
League-Spiel von Werder Bremen auf der Großleinwand. Als er die Lokalität vier Stunden später verlässt, lautet die Bilanz:
ein Bierdeckel mit reichlich Bleistiftstrichen für einige verzehrte Biere, eine Frikadelle mit Senf, einen Wacholderschnaps (der war nach der Frikadelle nötig) und ein verdammt lustiger Abend.

Diese Geschichte klingt wie aus einer anderen, fernen Zeit, ist aber gerade mal gut zehn Jahre her. Und sie ist keine Erfindung. Ich bin der erwähnte Student und bekennender Kneipengänger. Und ich frage mich: Was ist passiert, dass immer mehr Gaststätten immer weniger Zulauf haben und teilweise sogar schließen müssen – vor allem die, die nicht als hip und angesagt gelten. Natürlich gibt es dafür Gründe. Mancher Wirt stöhnt heute noch über den plötzlichen Kundenrückgang, den das Rauchverbot verursacht hat. Nur eine von inzwischen vielleicht zu vielen Auflagen, die die Wirte erfüllen müssen. Auch sind mittlerweile gefühlt eine Handvoll Receiver und Abos nötig, um alle Spiele Borussias auf der Leinwand zeigen zu dürfen. Dass mancher Sender noch die Hand aufhält, um an diesen Kneipen-Übertragungen mitzuverdienen, kommt noch oben drauf.

Aber trotzdem: Knobeln, Karten spielen, Quatsch erzählen – ein Abend in der Kneipe ist doch eigentlich die perfekte Art, von einem stressigen Tag abzuschalten und gehört seit Ewigkeiten zum sozialen Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Ein ehrliches Bierchen für Einsdreissich, ein Schnäpschen oder ein Kaffee, die der Einfachheit halber auch jeweils Einsdreissich kosten (also einen Strich auf dem Deckel) – und selbst der blödeste Tag kann doch noch ein versöhnliches Ende nehmen. Früher sind die Männer sonntags nach der Kirche eben kurz in die Kneipe gegangen: Zwischen Gottesdienst-Ende und Sonntagsbraten-Anfang lag exakt eine Stunde und somit Zeit für ein Bierchen. Also, rein in die gute Stube. Das muss wie Zeitunglesen gewesen sein. Haste schon von dem gehört? Was sagst du dazu? Komm‘, einen noch – dann muss ich aber nach Hause. Und damals wie heute sind die, die am Tresen nebeneinanderstehen oder am Stammtisch sitzen,

alle gleich – der Bürgermeister, der Arbeiter, der Schüler. Auch der Kulturwissenschaftler Frank Lang betrachtet genau das mit ein wenig Sorge: „An solchen Stammtischen werden Brücken auch zwischen nicht-homogenen sozialen Schichten geschlagen. Ich glaube nicht, dass die sozialen Netzwerke im Internet das ersetzen können.“

Als sich die Fernsehgeräte Anfang der Siebziger in den deutschen Wohnzimmern breitgemacht haben, gab es die erste große Kneipenkrise. In diesen Zeiten, in denen sich die ‚Sozialen‘ Medien breit machen, ist die nächste im Gange. In Kneipen wird gelacht und getrauert, gefeiert, gestritten und sich beim nächsten Bier schon wieder versöhnt. Und doch nimmt das Kneipensterben kein Ende. Die Menschen verbringen ihre Freizeit viel mehr daheim als früher. Davon können auch Restaurantbesitzer, Kinobetreiber und sämtliche Ehrenamtler in den Vereinen ein Lied singen.

Zurückdrehen wird man diese Entwicklung wohl nicht mehr können. Schade ist es trotzdem. Der große Peter Alexander hat der ‚kleinen Kneipe‘ vor Jahrzehnten eine gesangliche Hommage gewidmet. Die schönste Passage: „Die Postkarten dort an der Wand in der Ecke, das Foto vom Fußballverein. Das Stimmengewirr, die Musik aus der Jukebox, all das ist ein Stückchen Daheim. Du wirfst eine Mark in den Münzautomaten, schaust anderen beim Kartenspiel zu. Und stehst mit dem Pils in der Hand an der Theke und bist gleich mit jedem per Du.“ Mehr ist dazu nicht zu sagen. Noch gibt es sie, die Kneipen, auch in Mönchengladbach. Und zum Glück wissen das auch treue Stammkunden zu würdigen. Eine kleine Auswahl von Läden, ‚wo das Leben noch lebenswert ist‘. Eine Runde noch aufs Haus? Gern. Aber hoffentlich nicht die letzte!

Zum Alsbach

Die Gaststätte ‚Zum Alsbach‘ ist eine Eckkneipe im klassischen Sinn – schließlich ist die Eingangstür genau an der Ecke Bozener-/Alsstraße. Und überhaupt geben sich das Wirtspaar Heinrich und Andrea jede Mühe, keine Fragen offen zu lassen: Das große Eingangsschild über der Türe präsentiert neben dem Logo des lokalen Altbier-Herstellers Bolten auch das Logo des lokalen Fußball-Bundesligisten Borussia. Apropos: Wenn die Fohlen spielen, egal wann und egal wo, läuft der Fernseher.

Bozener Straße 36 | MG

Gaststätte Schippers

Seiner Funktion als Treffpunkt im Stadtteil wird die Gaststätte Schippers bis heute gerecht. Schützenvereine, Karten-Clubs, Hausfrauen-Stammtische – hier geben sich verschiedene Bett-
rather Gruppen und Vereinigungen die Klinke in die Hand. Der Zapfhahn in der Gaststätte Schippers ist ein echter Mittelpunkt des Dorflebens. 

Alfons-Schulz-Straße 2 | MG

Endlich Treff

Mustafa Cetin muss man eine gehörige Portion positiver Verrücktheit attestieren – in erster Linie aber ein großes Herz und ein hohes Maß an Gastfreundschaft. Seit rund einem Vierteljahrhundert betreibt er seinen ‚Endlich Treff‘, der einer der bekanntesten Treffpunkte für Borussia-Fans ist – unter anderem auch für den nach der Kneipe benannten und von Cetin mit gegründeten Borussia-Fanclub. Kaum ein Platz in der Kneipe, der nicht schwarz-weiß-grün ist, selbst die Bezüge der Barhocker und Sitzbänke sind giftgrün. An der Decke prangt eine riesige Raute, überall finden sich Autogramme, Schals und Poster von der Elf vom Niederrhein. 

Neustraße 22 | MG

Carola’s Am Büjelieser

Fast ein wenig unscheinbar an der befahrenen Aachener Straße gelegen könnte man das ‚Büjelieser‘ leicht übersehen. Das wäre aber ein Fehler. Denn Carola ist Gastwirtin durch und durch, hat sich hier ihren Lebenstraum verwirklicht und sagt, dass die Kneipe für sie weniger Arbeitsplatz als vielmehr ein Wohnzimmer ist, in dem sie sich nicht mit Kunden, sondern mit Freunden trifft. Und die wissen den stets eisgekühlten Kabänes zu schätzen. „Weil Gastfreundschaft einfach ein gutes Gefühl ist“, sagt sie.

Aachener Straße 98 | MG

Töff-Töff

Einer der ersten Anlaufpunkte für Menschen auf der Suche nach Geselligkeit oder einem kühlen Bierchen ist, wenn man aus dem Rheydter Bahnhof kommt, das Töff-Töff. Eigentlich ein bisschen zu groß für eine klassische ‚Eckkneipe‘, ist Reinhold aber ein typischer Kneipenwirt, wie er im Buche steht: freundlich zu den Kunden und hier und da mit einer verrückten Idee. So sind hier schon Schlagerstars wie Bernd Clüver oder Bata Ilic aufgetreten, aber auch Oldiebands wie Middle of the Road oder Graham Bonny. Im nächsten Jahr – da wird das Töff-Töff schon stolze 34 Jahre alt – kommt die älteste noch aktive Rockband der Welt, die ‚Lords‘. 

Bahnhofstraße 48 | MG

Treppchen 

Kempen hat einige schöne Kneipen zu bieten, die vielleicht urigste ist aber das Treppchen. Ob es die große Rundtheke ist, an der man irgendwie immer steht, egal wo man sich in der Kneipe gerade befindet, die gute Musik oder das überaus freundliche
Personal – das Treppchen ist ein toller Treffpunkt. Und: Auch essen kann man hier hervorragend – die bayrischen Speisen kommen aus dem direkt angrenzenden ‚Wirtshaus‘. 

Ellenstraße 35-36 | Kempen

mle