Wir lieben die Niederlande: Unser Nachbar wird vor allem dann zum kulinarischen Genießer, wenn es um die erste Mahlzeit des Tages geht.

Als ich klein war, habe ich mir immer eingeredet, dass der Urlaub dann beginnt, wenn ich mit dem Hintern im Wasser bin. „Jetzt ist Urlaub“, habe ich mir dann gedacht, und wenn das Wasser mal wieder zu kalt war, mussten wenigstens die nackten Füße von Wasser umspült sein. Dieses Gefühl hält sich bis heute. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich über die Jahrzehnte gemerkt, dass es einen zweiten magischen Urlaubsmoment für mich gibt, bei dem ich fühle, dass ich angekommen bin: dann, wenn ich mich vor Ort in einem Supermarkt umschaue und allerhand Nötiges und Unnötiges einkaufe.

Und nirgendwo fühle ich mich dabei so wohl wie in den Niederlanden. Biere fernab vom deutschen Reinheitsgebot in allen Geschmacksrichtungen, fantastisches Lakritz (Dropjes), Pudding aus der Milchtüte (Vla), pikante Nussmischungen – der Niederländer ist ein Feinschmecker. Vor allem aber beim Frühstück, dem Ontbijt.

Wer sich einmal in unserem Nachbarland in einem der vielen großen, top-modernen Supermärkte umgeschaut hat, der wundert sich nicht darüber, dass in den Niederlanden häufig quasi gleich zweimal gefrühstückt wird. Denn Frühstücksartikel gibt es regalweise, kunterbunt ist es, man verliert schnell den Überblick. Wann soll man das sonst alles essen, wenn nicht in zwei Frühstücks-Schichten? Krentebollen, Stroopwafels, Pindakaas, Beschuit … doch der Reihe nach.

Der Niederländer mag es süß. Der Start in den Tag findet nicht selten mit Rosinenbrötchen und Sirupwaffeln statt, mit Mini-Pfannkuchen (Poffertjes) oder dem typischen ‚Frühstückskuchen‘, dem Ontbijtkoek, einem eigentlich weihnachtlichen Pfefferkuchen mit ziemlich dichter Textur, der dick mit Butter bestrichen wird und bei einem ausgedehnten Frühstücksbüffet nicht fehlen darf. Ein kleiner, süßer Start in den Tag.

Schier endlos ist das Angebot an Schokostreuseln (Hagelslag) und -flocken (Vlokken), die entweder direkt mit Butter aufs Brot kommen oder – Achtung, erster Geheimtipp – auf eine amtliche Schicht Erdnussbutter oder gar – jetzt wird es schrecklich süß – Spekulatiuscreme (Speculoos).

Wer nicht so gerne Kaffee oder Tee trinkt, der schwört auf einen legendären dickflüssigen Kakao namens Chocomel. Etwas erfrischender und weniger mächtig ist die ebenfalls sehr beliebte Frucht-Buttermilch, Marktführer ist das Getränk Fristi. Ganz schön süß, das alles? Stimmt, aber die Niederländer punktet natürlich auch mit einem imposanten Angebot an Käse.

Die ‚Koffietafel‘, die meist zwischen 12 und 13 Uhr abgehalten wird, ersetzt oft das eigentliche Mittagessen und kann durchaus als zweites Frühstück bezeichnet werden – schließlich steht hier ein Frühstücksimbiss aus süßen und herzhaften Speisen auf dem Tisch. Im Prinzip das Frühstück 2.0 – und beim letzten Biss ins Butterbrot freut man sich auf den nächsten Morgen. Das ist Urlaub, denke ich mir, während ich das Brot mit den Schokoflocken durchbeiße. Eet smakelijk!

mle