Gerade im Herbst ist die Zeit der Wurzeln und Früchte. Heinzels Lieblingswildfrucht ist die Mahonie. Die Kräuterfachfrau macht aus den blauen Beeren, die immer ein wenig aussehen als wären sie vereist, Konfitüre. Dafür sammelt sie 500 g der Beeren, die sie mit 200 ml Apfelsaft 15 Minuten kocht. Das Ganze püriert sie und streicht die Masse anschließend durch ein feines Sieb, um die Kerne herauszufiltern. Das Fruchtmus vermischt Heinzel 1:1 mit Gelierzucker und kocht es für vier Minuten sprudelnd auf. „Das Ganze in saubere Schraubdeckelgläser abfüllen und diese für zehn Minuten auf den Kopf stellen“, sagt die Oecotrophologin. „Die Hitze desinfiziert die Deckel.“
Auch wenn es noch so verlockend scheint: Vom Naschen der rohen Beeren rät Heinzel ausdrücklich ab. „Die Mahonie gehört zu den Berberitzen- Gewächsen und verliert durch das Erhitzen ihre unverträglichen Inhaltsstoffe“, sagt Heinzel. Die Geduld wird mit einer Extraportion Vitamin C in der Konfitüre belohnt.
Für Freunde des reinen Krauts hält die Natur eine Überraschung bereit. „Der Herbst gilt als zweiter Frühling“, sagt Heinzel. „Im September und Oktober kann man sehen, dass die Kräuter noch mal austreiben.“ Das ist die Chance, von Giersch oder Brennnessel junge Triebe zu ernten, die nicht so viele Bitterstoffe haben. In einem Kräuterquark lassen sich die Pflanzen ganz einfach in den täglichen Speiseplan integrieren. „Getrocknete Brennnesselblüten über das morgendliche Müsli streuen: Das ist ein wahres Superfood“, sagt Heinzel. Die jungen oberen Herbsttriebe kann man wie Spinat zubereiten oder blanchieren und einfrieren. So hat man immer ein paar Blätter bereit.
Wildkräuter schmecken nicht nur gut, sie haben auch eine heilsame Wirkung. Wer ganz normale Gerichte damit würzt, stärkt nebenbei sein Immunsystem. Im Herbst lohnt es sich, auch den Wurzeln und Früchten der Kräuter mehr Beachtung zu schenken.
Nehmen wir das Rührei – ein beliebtes Gericht zum Frühstück oder Abendessen. Claudia Heinzel empfiehlt die Zubereitung mit Bärlauchzwiebeln. „Das Grün hat sich im Herbst vollständig zurückgezogen und die ganze Kraft der Pflanze ist in die Wurzeln zurück gegangen“, sagt die Expertin. „Wer noch weiß, wo die Pflanzen standen, kann nun die Zwiebelchen ausgraben.“ Kleiner Zusatznutzen: Wie der Bärlauch selbst würzt seine Zwiebel mit ihrer knoblauchartigen Note die Gerichte. „Aber ohne die Folgen des Knoblauchs für den nächsten Tag“, betont Heinzel.
Als Heilpraktikerin ist Claudia Heinzel vor allem an der Heilkraft der Pflanzen interessiert. Auch hier kann die Bärlauchzwiebel punkten: „Darin sind Senföl- Glycoside enthalten, die antibakteriell wirken“, sagt sie. „Es ist eine leckere Art, sein Immunsystem zu stärken.“ Damit ist die Bärlauchzwiebel keineswegs allein. Wenn Heinzel durch die Natur geht, entdeckt sie links und rechts des Weges jede Menge Essbares und Heilendes.
Ihre Kenntnisse gibt sie in Seminaren weiter: Sowohl Kräuterführungen als auch ein Wochenseminar bietet sie unter dem Titel ‚Apotheke Gottes‘ an. Aber durch die Gegend zu laufen, auf Pflanzen zu zeigen und zu erzählen, wie und wann man sie anwendet, reicht Heinzel nicht. „Dass wir mit den Kräutern kochen und gemeinsam essen, ist ein wichtiger Bestandteil“, sagt sie.
Garnet Manecke