Wie erklärt man jemandem die Faszination Wohnwagen-Urlaub? Schwierig, meint unser Autor Sven Platen. Man muss es erleben.

Warum also Urlaub im Wohnwagen? Die Blicke bei der Stehparty sind plötzlich auf mich gerichtet. Eben noch hatte der eine von seinen Plänen erzählt, im Sommer ins Familienhotel zu fliegen. All Inclusive, rundum sorglos. Oder der andere vom Urlaub im top gepflegten Bungalowpark. Kleines Häuschen, 80 Quadratmeter, mit Sauna und Whirlpool. Nun also ich.

Soll ich sagen, dass die Vorbereitungen auf den ersten Wohnwagenurlaub des Jahres mindestens eine Woche vor der Abreise beginnen? Der Wagen muss aus der Halle geholt werden, wo er überwintert hat. Dann putzen, Elektrik und Gas checken. Klamotten packen, einräumen und Lebensmittel verstauen. Nein, besser nicht. Dass das Leben auf dem Campingplatz Anfang April in Holland an der See ruppig sein kann. Dass man auf zwölf Quadratmetern mit vier Leuten schläft und den Wohnraum bestenfalls durch ein Vorzelt erweitern kann? Dass man bestimmt zweimal am Tag mit der Schüssel loszieht, um seine Sachen zu spülen und dass man Duschen und Klos in den Waschhäusern mit Hunderten anderen teilt? Dass irgendwas immer schief geht oder kaputt geht, gesucht wird oder irgendwie anders aufgebaut ist als beim letzten Mal?

Nein. Ich grinse in mein Weinglas hinein. Camping-Urlaub kann man schwer erklären. Die Nachteile gegenüber Schicki-Micki-Luxus-Reisen sind offensichtlich und liegen auf der Hand. Die Vorteile aber kann man kaum erklären, man muss es einfach erleben – und sich schockverlieben in diese unperfekte, aber unglaublich direkte und intensive Art, Urlaub zu machen.

Der morgendliche Spaziergang über den Platz und der Blick in die Vorzelte, wo schon gefrühstückt wird. Der Schnack mit den anderen Campern, denn man kommt hier schnell ins Gespräch – Camper sind kommunikativ und unkompliziert. Das gegenseitige Helfen der Camper untereinander. Das intensive Zusammenleben als Familie auf engem Raum. Das Glück, in der Nachmittagssonne am Grill zu stehen, die Kinder mit ihren Rollern auf irgendeinem Klettergerüst und die Frau mit einem Glas Rosé und einem Buch im Klappstuhl mit Blick auf den See. Die Bräune im Gesicht, da man wirklich von morgens bis abends draußen ist. Neben uns steht eine befreundete Familie. Längst sind sie auch vom Camping-Virus infiziert, wie so viele andere in unserem Bekanntenkreis. Häufig fahren wir an langen Wochenenden gemeinsam. Die Kinder spielen noch, als es längst dunkel ist, und wir Erwachsenen sitzen da und quatschen.

Die Pläne für den nächsten Tag und auch den nächsten Urlaub werden geschmiedet – denn wenn man einmal einen Wohnwagen hat, dann plant man mehrere Urlaube im Jahr – das Leben auf dem Campingplatz ist längst nicht so teuer wie im Hotel oder in der Ferienwohnung. Deswegen reist man häufiger. Und: Man erlebt selten böse Überraschungen. Geschirr, Besteck und Küche sind sauber und das Bett bekannt und gemütlich. Das alles hätte ich erzählen können. Ich lasse aber die anderen schwärmen. Und schaue nebenbei auf mein Handy. ‚Camping Fronleichnam 2023‘ ploppt eine neue WhatsApp-Gruppe auf. „Seid ihr schon verplant?“, fragt ein Kumpel. Das nächste Abenteuer kann kommen.

Sven Platen