Mönchengladbach kann sich über einen Mangel an Kunst im öffentlichen Raum nicht beklagen. Die Open-Air-Galerie in der Altstadt, die Kunstmeile und der Skulpturengarten sind Beispiele dafür. In den vergangenen Jahren ist die Stadt noch bunter geworden: Graffitis zieren Fassaden und geben auch weniger schönen Ecken ein freundliches Gesicht. Das Bild von Museumsarchitekt Hans Hollein und Künstler Joseph Beuys am Johann-Peter-Boelling-Platz fällt direkt ins Auge, wenn man den Abteiberg hinauf geht. Nichts lenkt davon ab. Das ist bei vielen anderen Kunstwerken, die Künstler mit Spraydosen auf Fassaden und Stromkästen gebracht haben, anders. Sie sind zu einem so selbstverständlichen Teil des Straßenbildes geworden, dass sie fast nicht mehr auffallen. Dabei bringen sie selbst in den dunkelsten Tag Farbe. Ein Beispiel dafür ist das große Wandbild am Berufskolleg Rheydt- Mülfort für Technik: Wer an der Ampel steht, schaut unweigerlich auf die fünf großen Figuren, die dort lässig in einer Gruppe stehen. So wie Schüler das eben in den Pausen machen. Der Künstler Kosta Jackson hat das Bild 2013 auf die Wand gesprüht. Die Farben sind mit den Jahren etwas verblasst, die Lässigkeit und der Gute-Laune-Effekt, den das Kunstwerk ausstrahlt, ist geblieben.
Schulen haben Graffitis als Gestaltungselement grauer Betonwände längst entdeckt und sind so zu öffentlichen Kunstorten geworden. Am Gymnasium am Geroweiher nimmt ein Mädchen den Schriftzug ‚M’Gladbach‘ kritisch ins Auge und scheint mit ihrem Stift noch einen letzten Punkt zu setzen. Auf einem anderen Bild liegt ein Junge schlafend auf dem Boden, bedeckt von Büchern. Auch das Franz-Meyers- Gymnasium hat diese Kunstform für seine Schule entdeckt. Hier haben Schüler den Innenhof unter Anleitung selbst gestaltet.
Viele Graffitis in Mönchengladbach sind nicht einfach nur Auftragsarbeiten für Künstler, sondern werden im Rahmen von Aktionen und Workshops auf die Wände gebracht. Die Bilder auf der Waldhausener Straße sind zum Beispiel beim Urban-Art- Festival im Sommer 2019 entstanden. Der bunte Zoo am Bunker Erzberger Straße ist das Ergebnis eines Workshops des Hephata-Ateliers ‚Strichstärke‘. Mit Hilfe von zwei Profi-Sprayern haben die Strichstärke- Künstler, die alle eine Behinderung haben, grimmig schauende Löwen, voluminöse Nilpferde und langhalsige Giraffen mitten in die Stadt gebracht.
Die Bilder aus der Dose begegnen einem in der Unterführung beim Spaziergang im Bunten Garten. Sie zieren Stromkästen am Schillerplatz und an der Moses-Stern-Straße, sie zeigen Unterwasserwelten an der Halle der Rollbrett-Union in Rheydt und Radfahrer an der Bismarckstraße. Sogar Firmen entdecken die Kunstform der Sprayer mittlerweile für sich: An der Sophienstraße hat ein Geschäft für Malerbedarf den Graffiti-Künstler Philipp Koemen einen schwungvollen Pinselstrich aufsprühen lassen.
Garnet Manecke
Das Projekt der Stadt bietet aktuell zehn legale Wände. Hier können sich auch Eigentümer melden, die Wände zur Verfügung stellen möchten.
Legale Wände für Graffiti-Künstler und solche, die es werden wollen, findet man in Mönchengladbach unter www.hallsoffame-mg.de.