Eigentlich war Mode für mich nie ein bedeutsames Thema. Das mag im Besonderen daran gelegen haben, dass am Tag meiner Schöpfung, es muss ein Freitagnachmittag gewesen sein, der liebe Gott gute Laune hatte und mit einem Gin Tonic in der Hand zu Petrus sagte: „Komm, einen hauen wir noch raus“ – und das war dann ich. Petrus trank seinerzeit noch Campari O; Aperol Spritz wurde erst deutlich später erfunden.
Gut auszusehen war für mich nie ein großes Ding. Schon als kleines Kind wollte man mich wiederholt für Castings buchen, weil ich einfach immer nur ästhetische Vollendung verkörpert habe. Manche sagen, das wäre bis heute so geblieben – gut – der ein oder andere sollte möglicherweise seine Sehstärke überprüfen lassen. Ich, für meinen Teil, bin jedenfalls immer noch sehr zufrieden.
Das mag größtenteils daran liegen, dass mir Eitelkeit und Narzissmus immer fremd waren. Man konnte mir einfach alles anziehen, selbst in Klamotten aus dem C&A Outlet war ich noch ein Trendsetter. Meine Mutter hatte keine große Mühe, mich einzukleiden. Ich sah in allem gut aus und außerdem passte mir alles, was man mir rauslegte.
Doch nicht nur die Zeiten ändern sich, irgendwie kann man sich heutzutage auf die Schwerkraft auch nicht mehr so verlassen. Seitdem bei mir die 5 in der zweistelligen Altersangabe vorne steht, wächst bei mir der Körper nicht nur nach oben, sondern auch ein wenig nach vorne. So fühlt man sich dann doch unwohl, wenn man mit halb entblößtem Unterkörper wie ein scheues Reh hinter dem Vorhang in der Umkleidekabine kauert und die Verkäuferin den dritten Anlauf nimmt, eine Jeans zu bringen, bei der die Beinlänge und die Bundweite mit meinen Körperdimensionen kompatibel sind. Bei den ersten Modellen, z. B. taillierter Karottenschnitt, stimmte lediglich die Anzahl der Hosenbeine. Da haben es die Araber mit ihren weit geschnittenen Dish Dashs doch deutlich einfacher, es sei denn, sie kleckern beim Genuss eines Rote Bete Smoothies.
Mal sehen, wie es im anstehenden Sommerurlaub so ablaufen wird. Weite Leinenhemden trägt man ja sowieso ‚drüber‘ und bei Shorts merkt kaum jemand, dass das Verhältnis Beinlänge zum Bauchumfang ein zwiespältiges ist.
Seit einigen Jahren erwische ich mich immer öfter bei sogenannten ‚Wunscherwartungen‘, wenn man sich beispielsweise ein Hemd kauft, das bei eingezogenem Bauch und ein wenig Luft anhalten in der Herrenabteilung vor dem Spiegel einen Moment lang passt, dann aber zu Hause im Abteil „… passt hoffentlich demnächst …“, auf dem Bügel altert wie ein guter Rotwein.
Meist fängt es nur mit einer Jeans an, der man fest verspricht, wieder in sie reinzuschrumpfen. Doch mit zunehmendem Alter werden es immer mehr. Ich versuche jedenfalls, mich keinen kurzlebigen Modetrends zu unterwerfen und jedem Hungerhaken zu ‚followen‘. Klar, es gibt immer den Wunsch, der Waage ein paar Kilo weniger zuzumuten. Doch solange man sich wohlfühlt und der Arzt keine gesundheitlichen Bedenken äußert, verzichte ich auf Zero- und Halbfett-Produkte.
Die Bayern haben zur Lösung dieses Problems schon vor Generationen die ‚Krachledernen Hosen‘ erfunden. Die machen (fast) jede Körper-Metamorphose mit und begleiten einen ein Leben lang.
Schade, dass wir am Niederrhein diese Dinger nur bei den nachgemachten Oktoberfesten tragen. Eigentlich wären sie doch mega alltagstauglich …
Ihr Gregor Kelzenberg