Urlaubszeit ist Reisezeit – und wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Und wie! Auch in diesem Sommer habe ich mit meiner reizenden Gattin verschiedene griechische Inseln bereist und mir wie immer Notizen gemacht.
Ich fotografiere gerne und viel, um mich später an den Bildern zu erfreuen oder sie meinen Kindern und Freunden zu zeigen. Wie spannend waren früher die Abende, als Vater die Leinwand aufbaute und ich am Braun-Dia-Projektor die Taste ’nächstes Bild‘ betätigen durfte. Es gibt auch die Ansicht: Nichts ist langweiliger als anderer Leuts Urlaubsbilder. Der Eine sieht’s so – der Andere sieht’s so.
Ich bin einer von den Anderen. Mit der stets griffbereiten Kamera am Gürtel werden besondere Aus- und Ansichten festgehalten, um später am heimischen Computer im Ordner ‚Urlaube / 2014 Sommer‘ gespeichert zu werden. Der Trend geht aber – zumindest bei der Facebook-Generation (sehr zum Wohlwollen der Mobilfunkbetreiber) – offensichtlich zum direkten Versenden der Bilder via What´s App oder Instagram. Gerade noch vor einer türkis-blauen Bucht für ein Selfie gepost, ist der Schnappschuss Minuten später rund um die Welt beim Verteilerkreis des Absenders.
Wem die Perspektive am ausgestreckten Arm zu kurz ist, bedient sich einer Art ausziehbarem Skistock, an dessen Ende eine GoPro befestigt ist. In einem Hotel habe ich einen ausgewachsenen Vollidioten beobachtet, der eine Stunde lang wieder und wieder in den Pool sprang und seinen eher unansehnlichen Leib dabei am verlängerten Arm filmte. Die Bilder übertrug er online an seine Frau auf dem Balkon (Entfernung ca. 50 m), die jeden Sprung mittels Icon am Handy bewerten musste (es waren, glaube ich, nur schlechte Noten…). Das Wort ‚Icon‘ kommt übrigens aus dem Griechischen und leitet sich aus dem Wort Ikone ab. Ein anderer hatte seine GoPro mittels Brustgurt zwischen Bauch und Schultern geschnallt und filmte seinen Shopping-Trip durch die Souvenirläden.
Generell wird meines Erachtens die Ausstattung an elektronischem Equipment im Reisegepäck immer umfangreicher. Auf einer Hotelterrasse beobachtete ich mehrfach Eltern, die ihren Kindern zwischen Müsli und Kakao die iPads aufbauen und Comics abspielen, damit sie selbst in Ruhe ihre E-Mails checken oder die Angebotsseiten von Lidl aufrufen können. Meine Eltern hätten mich von Sonnenauf- bis Untergang im Pool gefunden oder beim Olivenkernweitspucken mit anderen Kindern.
Ein rücksichtsloser Iwan telefonierte lautstark und gestenreich mit eingeschaltetem Lautsprecher und ließ die gesamte Umgebung an seinem Gespräch teilhaben. Mit höflicher aber bestimmter Ansage (!) bat ich den Zeitgenossen um Rücksichtnahme und musste fortan um den Verbleib meiner am Balkon zum Trocknen aufgehangenen Badehose bangen.
Ein mir bislang unbekanntes Zubehör war die wasserdichte Hülle für den Tablet-PC, damit die lieben Kleinen auch in der Brandung oder im Pool nicht auf die 75. Staffel von ‚How I met your mother‘ verzichten müssen.
Während ich diese Erinnerungen auf dem Rückflug im zusammengepferchten Airbus formuliere, turnt vor mir auf Sitz 25 F eine verzogene Göre, deren Vater im Halbstunden-Takt diverse unterhaltungselektronische Geräte aus dem Gepäckfach holt. Tom und Jerry aus dem Bordprogramm via AirBerlin-Kopfhörer zu hören, fand sie derart ’spackomäßig‘, dass nun Vater die knallroten Dr. Dre Aktivkopfhörer ans großzollige Laptop anschließen muss. O-Ton von Miss Agro 25 F „… Mann Alter, warum? Weil Lady Gaga auf dem dämlichen iPad mini einfach nur ätzend rüberkommt …“
Estimated time to arrival: 40 minutes. Hoffentlich hält Vater das durch!
Ihr Gregor Kelzenberg