Gibt es einen besseren Zeitpunkt, sich mit den nichteingehaltenen
Vorsätzen zu beschäftigen, als den Beginn der Fastenzeit?
Unter dem Einfluss eines Feiertag-Hangovers am verregneten
Veilchendienstag mit leicht erhöhtem Schädelinnendruck
und geweißten Mundwinkeln vom Naschen der Aspirin- Beutel
vor einem (fast) leeren Kühlschrank zu stehen,
stimmt mich ansatzweise depressiv.
Wo gestern noch zwischen Käsewürfeln und selbst gebratenen Frikadellen
die kleinen Klopfer und Dirty Harrys den Kühlschrank bevölkert haben, klaffen
riesige Freiflächen und kaltes Weiß. Diverse Einheiten angebrochener
Augentropfen, drei (ur-)alte Kräuterbutterdöschen vom letzten Pizzaabend
und ein bereits mehrfach weiterverschenkter Himbeeressig im Designerglas
vermögen meine Stimmung nicht aufzuhellen. Auch in unserer
Süßschublade hält sich der Gute-Laune- Level zurückhaltend im hinteren
Kommabereich. Die Passagiere Snickers, Mars und Bounty sowie die
Colorado Brüder haben längst ausgecheckt. Lediglich vereinzelte Überbleibsel
vom Wurfmaterial des letzten Kinderkarnevalzuges warten auf ihr Boarding.
Ist es schon dekadent, wenn man sich fragt, ob sich das Bücken für
eine 5 Gramm Popcorn Tüte lohnt? Die Nachbarskinder
jedenfalls haben nicht einmal gezuckt.
Auch das Durchzappen durch die Vorabendprogramme vermag
mein Sodbrennen nicht zu lindern. Im Gegenteil: Neueste Erkenntnisse
von schlecht aussehenden Ernährungswissenschaftlern mit stumpfen
Haaren und Schnabeldampf über ausgewogene Alternativen zur veganen
Ernährung fördern bei mir höchstens das Wachstum der rudimentären
Eckreißzähne. Wann geht endlich die Grillsaison wieder los?
Ich denke kurz nach, ob Frutarier eine Lösung wäre, verwerfe den
Gedanken jedoch nach zweiminütigem Googeln. Nur das zu essen,
was die Natur freiwillig hergibt – Fallobst, Nüsse, Beeren und so weiter
– ist nichts für mich. Außerdem zeigen prominente Anhänger dieser
Art von Nahrungsaufnahme, dass auch das gesündeste Essen kein
Garant für ein langes Leben darstellt. Ich meine damit ja nicht,
dass Steve Jobs oder Mahatma Gandhi bei regelmäßigem Verzehr
eines Big Double Bacon Cheese Burgers und ’ner 6er Chicken McNuggets
Packung noch am Leben wären. Wie albern käme ich mir aber vor,
ständig zusätzliche Vitamine und B12 Booster aus einem Pillenspender
zu drücken (ich denke dabei an die alten Busschaffner-Taschen …).
In Berlin soll’s jetzt sogar das erste Fitnessstudio für Veganer geben.
Bei der Ausstattung der Sportgeräte (Sättel, Handgriffe, Polsterung usw.)
wurde konsequent auf die Verwendung von tierischem Leder verzichtet.
Ich bin im Übrigen auch kein Freund von Ledervollausstattung im Auto:
im Sommer zu heiß, im Winter immer erst mal so kalt …
Ich muss auch leider los, sonst gibt’s im Bioladen keine caseinfreien
Kondome mehr, man will ja schließlich auch beim Safer Sex ein tierleidfreies
Produkt verwenden. Danach noch flott zum Kiosk, die neueste Ausgabe BEEF
ist erschienen. Beim Anblick der gegrillten Steaks werden
sich auch langsam die bösen Gedanken verflüchtigen …