Der Flachs hat in der Textilwirtschaft eine große Rolle gespielt. Bauern bauten ihn großflächig rund um Mönchengladbach an. Für die Städter wie für die Landbevölkerung hatte das im Sommer neben der wirtschaftlichen Bedeutung noch einen anderen angenehmen Effekt: Das Meer blauer Blüten erfreute Augen und Seele.

Als Zutat für ein Müsli oder im Körnerbrot ist Leinsamen heute in fast jeder Küche zu finden. Aber dass die kleinen braunen Körner eigentlich die Samen für den Flachs sind, ist heute kaum noch bekannt. Flachs hatte für die Textilstadt Mönchengladbach mit ihren Fabriken deshalb eine so große Bedeutung, weil daraus das Leinen gemacht wurde. Weil der Stoff atmungsaktiv und strapazierbar ist, wird er heute noch gerne für Sommerkleidung verwendet. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Flachs in der Region angebaut.

Obwohl die großen Flachsfelder schon seit langem verschwunden sind, ist auch heute eine Fahrt ‚ins Blaue‘ noch möglich. So nannte man damals Ausflüge zur Flachsblüte, die den Menschen wie ‚der Himmel auf Erden‘ vorkam. Eine Vorstellung, wie es damals aussah, bekommt man beim Flachsmuseum Wegberg. Dort säen das Team des Flachmuseums und die Kinder der Grundschule in Beeck auf einem kleinen Feld Flachs aus. Weil das Museum jedes Jahr Säckchen mit Samen verkauft, blüht es im Sommer auch in vielen Vorgärten und auf Grünstreifen blau.

Allerdings blüht es nicht von allein. „Der Flachs braucht das ganze Jahr Pflege, sonst wird er von Unkraut verdrängt“, sagt Bernd Heiss, Geschäftsführer des Flachsmuseums. Dafür hat man aber zuweilen lange Freude daran. „Im September haben wir jedes Jahr den Flachstag“, sagt Heiss. „Im vergangenen Jahr kamen Leute mit ihrem geernteten Flachs und berichteten, dass sie noch blühenden Flachs hätten.“

Laut einer alten Bauernregel sollte die Aussaat am 100. Tag des Jahres erfolgen. „Wir haben aber festgestellt, dass sich das Wetter an diese Regel gar nicht hält“, sagt Heiss. Im Flachsgarten des Museums kann man oft schon Ende März die erste zarte Grün sprießen sehen. Auch eine spätere Aussaat ist einen Versuch wert. Zumal auch in diesem Jahr am 4. September der Flachstag stattfinden wird – inklusive Wettbewerb um die längsten Stängel.

Wer so lange nicht warten will, kann sich schon mal auf die Flachsroute machen, die das Museum als Wander- oder Fahrradtour ausgearbeitet hat. Die Routen führen zu vielen Sehenswürdigkeiten wie den ehemaligen Rittersitz Haus Beeck oder die Schrofmühle aus dem 16. Jahrhundert. Seit 1771 wurde sie als Öl- und Kornmühle genutzt und ist noch heute funktionsfähig.

Garnet Manecke

beecker-erlebnismuseen.de