Kennen Sie die Typen, die im ICE Abteil von Düsseldorf nach Köln, ca. 23 Minuten Fahrzeit – vorausgesetzt, er fährt auch – innerhalb von wenigen Minuten ein komplettes Home Office aus dem Business-Rucksack zaubern? RuckZuck das Laptop ausgeklappt, das Handy als Hotspot aktiviert, alles über Bluetooth connected und im Splitscreen die ntv News abgerufen, während übers Headset ein paar Telefonate abgearbeitet werden… Wenn dann die ersten Mails geladen sind und aus der Hightech-Thermoskanne der Ingwer-Salbei-Tee in die beheizbare USB-Edelstahltasse tröpfelt, ertönt aus dem Bordlautsprecher schon die Ankündigung: „Nächster Halt: Köln Hauptbahnhof. Wir fahren ein auf Gleis 6 …“. Beim hastigen Zusammenpacken verheddert sich der Experte in seinen Ladekabeln und verschüttet die Hälfte seines Zaubertrunks in die Laptoptasche. Ist ja super gelaufen… Also zugegeben: Ich kenn diese Leute auch nicht (ich fahr nämlich nur sehr selten mit dem Zug); aber ich weiß, dass es sie gibt – und genauso stell ich sie mir vor.

Auf einem einstündigen Kurzstreckenflug von Köln nach Salzburg saß so einer mal neben mir in der Reihe auf 18 d. Das Fahrwerk war noch nicht eingefahren, da pustete der schon sabbernd in sein aufblasbares Nackenhörnchen von Pro-Idee (Spontankauf im 24/7 Boarding-Shop) und packte noch vor dem Erreichen der Reiseflughöhe ein elektronisches Travel-Backgammon aus. Beim Überfliegen des Luftraums von Frankfurt hatte er dann die Spielsteine platziert und drückte auf ‚Spielstart‘. Das wenige Minuten zuvor online  bei der Flugbuchung bestellte Bordfrühstück war noch nicht gänzlich ausgepackt, als aus dem Bordlautsprecher die freundliche Stewardess frohen Mutes mitteilt, dass wir in wenigen Minuten den Landeanflug auf den Franz Josef Strauß Airport beginnen und die Sitze bitte wieder in eine aufrechte Position zu stellen haben …

Was soll dieser Humbug? Für wen? Warum setzen sich diese Menschen einem selbst auferlegten Stress aus? Gibt´s was Schöneres, als nach dem Start aus dem Fenster zu gucken und von oben Städteraten zu spielen, eine Zeitung zu lesen oder sich einfach mit seinen Sitznachbarn zu unterhalten?

Auf einem Langstreckenflug macht es ja Sinn, die Zeit mit einem Spielfilm totzuschlagen oder Spiele auf dem Handy abzurufen. Aber wer morgens in der Linie 4 von Schelsen nach Rheindahlen Geschäftsbriefe ins Diktiergerät spricht, hätte meines Erachtens eher aufstehen oder einen anderen Beruf ergreifen sollen.

Was soll dieses Schneller, Höher, Besser? Effizienz zu jeder Zeit, an jedem Ort zu jedem Preis? Immer und überall. Ich kann alles gleichzeitig. „Semper et ubique“ (ja, sorry, ich spreche Latein …). Lieber nur einen Teil machen, sich um eine Sache kümmern – die aber dann richtig.

Ich genieße den Komfort, ein hochwertiges deutsches Markenauto zu fahren, dessen für mich bedeutendstes Ausstattungsmerkmal nicht in der Zubehörliste – auch ohne jeden Aufpreis – verzeichnet ist: rundum Fenster – sprich ‚Gucken-Flatrate‘. Ich kann und darf während des Fahrens unsere wunderschöne Landschaft am Niederrhein (oder sonst wo) genießen, ich kann Leute sehen, Kinder, Omas und Opas, manchmal auch Tiere. Ich sehe Wolken, Nebel und die aufgehende Sonne über dem Erfttal. Felder und Wälder. Orte und Wohngebiete mit schönen Gärten – alles all inclusive. Selbstverständlich genieße ich auch die Musik im Radio, nutze das Navi, den Verkehrsservice usw. Aber, wer sich morgens auf dem Weg zur Arbeit im Auto rasiert, die Fußnägel schneidet oder an der Ampel ‚Candy Crush‘ zockt , sollte mal über sich nachdenken und sein Zeitmanagement überarbeiten.

Weniger ist meistens mehr und der Zauber liegt so oft im Augenblick.

Unsere Produktivität ist nun mal begrenzt, d. h. wer doppelt so viel in der gleichen Zeit erledigt, ist deshalb noch lange nicht auch doppelt effizient.

Ich gebe Ihnen noch ein Zitat von Mark Twain mit auf den Weg, das jedem helfen kann, sich immer und überall zu orientieren „Die beiden wichtigsten Tage deines Lebens sind der Tag, an dem du geboren wurdest, und der Tag, an dem du herausfindest, warum!“

Bleiben Sie gesund, achten Sie auf sich und Ihre Mitmenschen

Bis bald
Gregor Kelzenberg

 

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