Die ersten Sonnenstrahlen – und nach einem langen Corona-Winter reichlich Hummeln im Hintern und Lust auf Bewegung. Also: Fahrrad aus der Garage geholt, Borussia-Schal an den Gepäckträger und in die Pedale getreten – einmal durch die Vitusstadt, elf Kilometer auf den Spuren von Borussia Mönchengladbach

1. Startpunkt: Alsstraße

Die Gaststätte ‚Jägerhof‘ ist hier nicht mehr zu finden, aber doch muss eine Fahrradtour auf den Spuren von Borussia Mönchengladbach auf der Alsstraße starten. Hier haben ein paar junge Sportler am 17. November 1899 nach dem Austritt aus dem Sportverein Germania beschlossen, einen eigenen Verein namens FC Borussia zu gründen. Am 1. August 1900 schließlich wird der Fußballklub Borussia 1900 gegründet.

2. Bökelberg-Denkmal

Zieladresse: Bökelstraße 169 | ca. 6 Minuten Fahrt | 1,5 km
Ende 2019, also zum 100. Geburtstag des legendären Bökelbergstadions, haben die Stadt Mönchengladbach und Borussia an der Ecke Bökelstraße/In de Kull gemeinsam ein schmuckes Denkmal eröffnet, das an die legendäre Fußball-Pilgerstätte erinnert – mit Flutlichtmast, Anzeigetafel und Tribünenstufen. 85 Jahre lang war der Bökelberg die Heimspielstätte Borussias, hat Meisterschaften, Europapokalabende, einen Büchsenwurf und einen Pfostenbruch erlebt – und musste dennoch 2004 einer neuen Arena weichen. Im nach dem Abriss 2006 entstandenen Neubaugebiet findet sich die eine oder andere Referenz an das Kultstadion von einst.

3. Borussia-Ball

Zieladresse: Eickener Straße/ Ecke Thüringer Straße ca. 3 Minuten | 0,8 km
Der rund zehn Tonnen schwere und 1,80 Meter hohe Granit-Fußball, den Borussia der Stadt 2010 geschenkt hat, steht mitten im Epizentrum der früheren Borussia-Kneipenwelt. Zu großen Oberligazeiten tranken die Borussen auf der Eickener Höhe in der Gaststätte ‚Schumacher‘ ihr Bier, in der Kneipe ‚Zum Aretzplätzke‘ zapfte ‚Steinwegs Mamm‘ das Altbier und zog auch mit der Trommel durch die Straßen, um den Fans einzuheizen. Alles Geschichte, leider, genau wie das ‚Alt Eicken‘, das Corona-bedingt seine Pforten schließt. Hier haben jahrelang wichtige Versammlungen des Vereins stattgefunden.

4. Denkmal Netzer, Vogts und Hacki

Zieladresse: Eickener Straße/Ecke Schwogenstraße | ca. 1 Minute | 0,05 km
Es lohnt sich kaum, bis zur nächsten Etappe aufs Rad zu steigen, nur ein paar Meter vom ‚Borussia-Ball‘ entfernt lächeln einem drei der größten Borussen aller Zeiten in Bronze entgegen: Berti Vogts, Hacki Wimmer und, na klar, Günter Netzer stehen als Reminiszenz an die große Mannschaft der Siebzigerjahre mitten in der Fußgängerzone vor dem ‚Alt Eicken‘.

5. Balkon des Polizeipräsidiums

Zieladresse: Rathausstraße 2 | ca. 9 Minuten | 1,8 km
Für die nächste Etappe stelle man sich vor, man sitzt nicht auf dem Fahrrad, sondern stehe auf dem Oberdeck eines offenen Doppeldeckerbusses. Am Straßenrand zehntausende Menschen, bis man schließlich über die Hohenzollern- und die Regentenstraße den Marktstieg und schließlich den Alten Markt erreicht. Im Gepäck die Meisterschale, den UEFA-Cup oder den DFB-Pokal, und der Jubel der Menschen kennt keine Grenzen. Jede Jubelfahrt endet am Balkon des Polizeipräsidiums: Hier präsentieren die Gladbacher traditionell die gewonnenen Titel. Vielleicht bald auch mal wieder?

6. Netzers Geburtshaus

Zieladresse: Gasthausstraße 31 ca. 1 Minute | 0,3 km
Natürlich hat es Borussen gegeben, die häufiger gespielt und getroffen haben, die Borussia länger treu waren oder mehr Titel mit dem Verein gewonnen haben. Aber es gab davor und danach keinen wie Günter Netzer, in Hennes Weisweilers Fohlenelf für die genialen Momente zuständig. Der Spielmacher mit der Nummer 10 wurde in einem unscheinbaren Haus an der Gasthausstraße geboren. Im Erdgeschoss führte die Mutter einen Lebensmittelladen, auf der Straße und der nahen Bolzwiese übte er, das Spiel zu lesen und zu gestalten und aus der Tiefe des Raumes zu kommen.

7. Das ‚Lovers´ Lane‘

Zieladresse: Waldhausener Straße 55 | ca. 1 Minute | 0,02 km
Wenn der wichtigste Spieler einer Profi-Fußballmannschaft eine Bar eröffnet, sein Trainer daraufhin sagt: „Das ist das Ende“, der Spieler aber daraufhin das beste Jahr seiner Karriere spielt – dann ist das genau der Stoff, aus dem die besten Geschichten geschrieben werden. Natürlich geht es wieder um Günter Netzer, der das „Lovers´ Lane“ 1971 eröffnet hat – vermutlich weniger zur Freude von Hennes Weisweiler als vielmehr seiner Mitspieler, die bald zu Stammgästen werden. Keine Frage: Es ist ein Jammer, dass die Zeiten vorbei sind, als Deutschlands Prominenz von Udo Jürgens bis Elke Sommer hier gefeiert, Barmann Picco schon mal gestrippt und Netzer selbst in der Ecke stehend am Orangensaft geschlürft hat.

8. Bei ‚Tante Titti‘

Zieladresse: Karstraße 70 | ca. 6 Minuten | 1,5 km
In den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahren waren die Spieler Borussias, die das erste Mal von zu Hause weg waren, in Mathilde Bückmanns Haus an der Karstraße 70 untergebracht. „Tante Titti“, wie sie von allen nur genannt wurde, war eine kinderlose Witwe mit guten Beziehungen zu Borussia, die sich um die kleinen und großen Sorgen der Spieler kümmerte. Das Ganze hatte wenig mit dem heutigen FohlenStall zu tun, wo heute 24 Top-Talente hochmodern untergebracht sind. Das hatte aber auch seinen Charme. Hier ließ sich Rainer Bonhof bekochen, hier lag Uli Sude abends mit Wolldecke auf der Couch – und hier genoss Luggi Müller, der Älteste, Sonderrechte, weil er mit Tante Titti abends schon mal einen Rotwein trinken durfte. Heute ist an dieser Adresse eine Warenhandels-Gesellschaft zu finden, von Tante Titti und ihren Jungs fehlt leider jede Spur.

9. Sportplatz ‚Am Rönneter‘

Zieladresse: An den Holter Sportstätten | ca. 4 Minuten | 1,4 km
Man muss sich das mal vorstellen: Borussia Mönchengladbach, jene Mannschaft, die in den Siebzigerjahren fünfmal Deutscher Meister wird, in den Achtzigerjahren oft in der Spitzengruppe der Tabelle mitspielt und oft auch im Europapokal, jene Mannschaft also, die 1995 angeführt von Stefan Effenberg den DFB-Pokal
gewinnt, hat am Bökelberg keinen anständigen Rasen-Trainingsplatz. Also treffen sich die Spieler am Stadion und fahren in Fahrgemeinschaften quer durch die Stadt, zum Beispiel zum Trainingsplatz Rönneter. Danach geht es nass verschwitzt zurück zum Bökelberg zum Duschen. Einer der Gründe, wieso der Neubau eines zeitgemäßen Stadiongeländes unumgänglich war. Der Rasenplatz, wo Matthäus, Effenberg und Co. ihre Trainingsrunden gedreht haben, ist noch da.

10. Der BORUSSIA-PARK

Zieladresse: Hennes-Weisweiler-Allee 1 ca. 11 Minuten | 3,3 km
Borussias aktuelles Zuhause liegt ein wenig außerhalb der Innenstadt und ist nunmal nicht der geschichtsbeladene Bökelberg – das sind die beiden einzigen Dinge, die man dem BORUSSIA-PARK vorwerfen kann. 2004 ist Borussia hierhin umgezogen und längst hier zuhause. Die Konkurrenz beneidet den Verein um das stimmungsvolle Stadion und darum, dass hier alles an einem Fleck ist: Trainingsplätze, Internat, Geschäftsstelle, Arztpraxen, Fanshop, Museum und Hotel. Natürlich muss diese Radtour hier enden. Und wenn die FohlenSportsbar wegen Corona noch nicht öffnen darf, schmeckt das mitgebrachte Bier im schicken Biergarten hinter der Nordkurve ‚mit Abstand‘ ebenfalls.

mle