Ein Talent-Entwickler

Borussia Mönchengladbach geht mit einem neuen Cheftrainer in die Saison 2022/23. Daniel Farke will einen mutigen und aggressiven Spirit im Team wecken

Es ist seine erste Station in der Bundesliga und doch ist Borussias neuer Cheftrainer Daniel Farke bei den deutschen Fußballfans wohlbekannt. Von 2017 bis 2021 machte er als Teammanager des englischen Klubs Norwich City auf sich aufmerksam. Viele verfolgten den Weg des Deutschen, der in seiner Amtszeit bei den ‚Canaries‘ trotz begrenzter finanzieller Möglichkeiten zweimal den Meistertitel in der EFL Championship und somit den Aufstieg in die Premier League feiern konnte. Norwich sammelte in den beiden Aufstiegsjahren jeweils die meisten Punkte der Vereinsgeschichte. „Wenn man sich anschaut, wie er mit dem Klub aufgestiegen ist, passt das einfach zu Borussia“, erklärt Borussias Sportdirektor Roland Virkus. „Norwich hat sich unter Daniels Leitung über den fußballerischen Ansatz definiert. Er hat mit vielen jungen Spielern zusammengearbeitet und dabei immer eine gute Struktur in seiner Mannschaft gehabt.“

Auch bei Borussia wird ein Hauptaugenmerk von Farke sein, junge Spieler bei den Profis zu integrieren. Virkus kündigte bereits an, den Kader nach dem Drei-Säulen-Modell zusammenstellen zu wollen, also einen Mix aus Jugendspielern, externen Top-Talenten und gestandenen Spielern zu schaffen. Erfahrung mit der Integration von Talenten hat der neue Coach nicht nur in England gesammelt. Bei seiner ersten Trainerstation beim SV Lippstadt (2009 bis 2015) war der heute 45-Jährige zeitgleich auch als Sportdirektor für die Kaderplanung zuständig. Anschließend zeigte er sich zwei Jahre für die U23 von Borussia Dortmund verantwortlich. Dort hatte er schon bald den Ruf als Talent Entwickler und führte das Team in der Saison 2016/17 zur Vizemeisterschaft in der Regionalliga West. Von dort wechselte Farke schließlich zu Norwich City, wo er immer noch ein hohes Ansehen genießt.

Farkes Beliebtheit in der Kleinstadt im Osten Englands geht sogar so weit, dass ein Gemälde des Deutschen die Wand eines Pubs ziert. In den sozialen Medien gratulierten zahlreiche Fans des Klubs Borussia zum neuen Trainer. Farke selbst dürften die Kommentare gefallen haben. Auf seiner ersten Pressekonferenz bei Borussia merkte er bereits an: „Für mich ist nicht wichtig, was die Menschen denken, wenn man zur Tür hineinkommt. Viel entscheidender ist, was die Menschen sagen, wenn man wieder rausgeht.“

Konzentration auf Inhalte und Werte

Nach seiner Zeit in England zog es Farke im Januar 2022 nach Russland zum FK Krasnodar. Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine löste er dort seinen Vertrag Anfang März wieder auf, ohne ein Pflichtspiel mit der Mannschaft absolviert zu haben. Nun ist er der neue Mann auf Borussias Trainerbank, ausgestattet mit einem bis 2025 laufenden Vertrag. Am 26. Juni bat er die Fohlen das erste Mal auf den Trainingsplatz. Eine Woche später ging es für ihn und seine Mannschaft ins Trainingslager an den Tegernsee.

Mit dabei: seine langjährigen Co-Trainer Christopher John und Edmund Riemer, die den Trainerstab des VfL ebenfalls verstärken. Das Ziel des Trainergespanns ist es, eine mutige und aggressive Mannschaft für die kommende Saison zu formen. „Diesen Spirit wollen wir wecken. Wenn uns das gelingt, werden wir auch eine gute Tabellenposition erreichen“, so Farke, der sich dennoch nicht auf ein konkretes Ziel für die Spielzeit 2022/23 festlegen möchte: „Es wäre falsch, übereuphorische Ziele auszugeben. Das steht uns nach der letzten Saison nicht zu. Wir brauchen einen gesunden Realismus und müssen uns auf Inhalte und Werte konzentrieren, statt irgendwelche Parolen zu Tabellenplätzen rauszuhauen.“

Bei den Inhalten und Werten sieht Virkus viele Schnittmengen zwischen Farke und Borussia. Auch deswegen ist der Sportdirektor vom Coach zu 100 Prozent überzeugt und freut sich auf die Zusammenarbeit. „Mit Daniel wollen wir den Klub zunächst in ruhiges Fahrwasser bringen“, sagt er, „und dann Anlauf für neue Ziele nehmen.“

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