Mehr als 100 Kilometer lang ist der Niers-Radwanderweg. Der Weg lohnt sich, geht es doch vorbei an zahlreichen Schlössern, Burgen und Herrensitzen.

Die Zeiten, in denen die Niers als kleine Pfütze belächelt wurde, gehören wohl schon lange der Vergangenheit an. Längst haben die Menschen am Niederrhein ‚ihren‘ rund 117 Kilometer langen Fluss am linken Niederrhein ins Herz geschlossen und erkannt, dass er ein toller Naherholungsort ist. Vor allem, damit bedrohte Tier- und Pflanzenarten wertvollen Lebensraum zurückerhalten, wurden die Gebiete der Niers von Landschaftsplanern naturnah umgestaltet. Größe Bereiche entlang des Flusses stehen unter Natur- oder Landschaftsschutz und haben eine herausragende Bedeutung für den Biotopverbund.

Jede Menge Spaziergänger auf den Wegen entlang des Gewässers, Picknicker am Ufer und Kanufahrer auf dem Wasser – wenn die Tage wieder länger werden, schlägt auch die Stunde der Niers. Zur neu entdeckten Popularität des parallel zwischen Rhein und Maas verlaufenden Flusses hat auch der 2001 fertiggestellte Niers-Radwanderweg seinen Teil beigetragen – eine nahezu komplett ebene Strecke fast ausschließlich durchs Grüne, vorbei an typischer niederrheinischer Landschaft, vorbei an kleinen Orten und größeren Städten.

Wer die rund 100 Kilometer lange Strecke von Kuckum bis Gennep an einem Tag schafft – und das ist möglich – der wird auch erkennen, dass die Route, die durch Schilder mit einem grünen N und einem blauen gewellten Gewässer gekennzeichnet ist, auch etwas Märchenhaftes hat: Denn unterwegs passiert man jede Menge Schlösser, Burgen und Herrensitze. Die Urbano-Redaktion ist losgeradelt – mit dem Geschichtsbuch unterm Arm.

Natürlich beginnt der Niers-Radwanderweg an der Quelle der Niers in Kuckum bei Erkelenz. Über Wanlo und entlang des östlichen Stadtrandes von Mönchengladbach liegt auf einmal die riesige Parkanlage des barocken Wasserschlosses Wickrath vor einem. Ein Kaffee im Kaminzimmer? Ein alkoholfreies Weizenbier im Biergarten? Allzu lang sollte man in der herrlichen und gut gepflegten 19 Hektar großen Parkanlage nicht verweilen – denn es liegen noch eine ganze Reihe von Kilometern vor einem.

Durch das Wetscheweller und das Güdderather Bruch weichen wir kurz vom Weg ab, um uns den Burgturm in Odenkirchen anzuschauen; der Unterbau des Turms stammt immerhin aus dem 15. Jahrhundert! Natürlich ist auch das Schloss Rheydt wie immer einen Abstecher wert, das wir nach Durchqueren des Zoppenbroicher Waldes schnell erreichen. Eine Wasserburg, genau wie Schloss Myllendonk, das heute vor allem den Golfern ein Begriff sein wird.

Der Übergang vom Mönchengladbacher Stadtgebiet hin zum Kreis Viersen wird durch ein nettes Kuriosum bereichert: die ‚Erlebnisbrücke über den Nordkanal‘. Der einst von Napoleon geplante (und nie in die Tat umgesetzte) Nordkanal, der zwischen Antwerpen und dem Rhein verlaufen sollte, kreuzt die Niers – und die Erlebnisbrücke, die über das Flüsschen geht und in deren Gondel Radler mitsamt Gefährt Platz finden, lässt sich per Hand bedienen – vor allem für Kinder ein großer Spaß.

Kaum im Kreis Viersen angekommen, lockt schon das nächste Schloss – und ist ein erneutes kurzes Abweichen vom Niersverlauf allemal wert: Das Schloss Neersen verdient sich seinen guten Ruf nicht nur durch die jährlich stattfindenden Schlossfestspiele, sondern auch durch den Schlosspark mit nettem Kinderspielplatz und schönem Café. Weiter vorbei an der Anlegestelle für Paddelboote in Viersen-Süchteln (vor allem an Wochenenden ist hier bei gutem Wetter eine Menge los) führt die Route durch Süchteln-Hagen nach Grefrath-Oedt. Die dortige Ruine der Burg Uda ist mehr als 700 Jahre alt und erinnert an die wichtige Rolle, die die Niers in früheren Zeiten eingenommen hat: Einst diente die Burg dem Schutz der Fährstelle, denn der Fluss war damals Energiequelle zum Antrieb der Mühlen und natürliche Gebietsgrenze.

Die Route verlässt die Niers für wenige Kilometer, durch die Gemeinde Grefrath geht es vorbei am Flughafen Niershorst und dem Freilichtmuseum (Tipp: Einkehr im Pannekoekenhaus!) zum Benediktinerinnen-Kloster Mariendonk. Auf Höhe der A40 entern wir den Kreis Kleve. In der Gemeinde Wachtendonk ist die dortige Burgruine Pflichtstation zur Rast. Im Schatten auf Burgmauern aus dem 12. Jahrhundert kurz innehalten – das hat was. Aber auch der historische Ortskern von Wachtendonk mit Burgruine, Pulverturm, Haus Püllen, altem Kloster, Pfarrhaus sowie historischem Rathaus lohnt für einen Abstecher.

Etwas abseits des Niersufers und aus Wachtendonk heraus erreichen wir schließlich kurz vor Straelen die Burg Vlassrath, einen Rittersitz aus dem 13. Jahrhundert. Die weitere Radstrecke ist eine zauberhafte Zeitreise, denn wir passieren einige Gutshöfe und Herrensitze, bis hin zum Schloss Haag nördlich des Gelderner Ortskerns. Über Wetten passieren wir den berühmten Marien-Wallfahrtsort Kevelaer und erreichen Weeze, das mit dem Schloss Wissen und der Schlossruine Hertefeld einiges Historisches zu bieten hat. Ebenso in Goch: Hier locken Schloss Kalbeck, die sehenswerte Wassermühle Susbrücke aus dem 17. Jahrhundert sowie das Kloster Graefenthal. Im niederländischen Gennep ist diese wunderbare Radtour vorbei – die Niers mündet hier in die Maas. Und es passt nur zu gut, dass Gennep ein sehr schönes historisches Stadtzentrum besitzt, auf dessen Rathausvorplatz lässt sich das Ende der über 100 Kilometer langen Radroute genießen.

 

mle

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