Es ist ein Phänomen, das jeder Urlauber kennt: In der fremden Stadt gibt es viele kleine, originelle Geschäfte, schnuckelige Cafés mit lauschigen Gärten – und das Kulturangebot sucht seinesgleichen. Warum gibt es das nicht bei uns? Diese Frage stellen sich auch die Mönchengladbacher. Die erfreuliche Antwort: Alles das gibt es hier – in der Oberstadt.
„Der Innenhof ist super“, finden die beiden jungen Frauen, die gerade Mittagspause haben. Vor ihnen stehen Teller mit raffiniert belegten Sandwiches. Um sie herum blühen bunte Blumen, der Stadtlärm bleibt komplett draußen. Der kleine Garten des Lax Legere ist genau das Richtige, um sich vom Alltagsstress zu erholen.
Wer etwas Besonderes sucht, der muss sich auch in Gladbach jenseits des Zentrums begeben, in die kleinen Seitenstraßen. Die Wallstraße ist ein gelungenes Beispiel dafür: Hier treffen sich Gastronomie, Handel, Handwerk und Kultur. Man kann einer Täschnerin bei ihrer Arbeit über die Schultern schauen und sich seinen eigenen Gürtel machen lassen, den es kein zweites Mal gibt. Es gibt Schuhe, in denen man wie auf Wolken geht und die dabei auch noch hip aussehen. Ein paar Schritte weiter finden sich hochwertiges Kunsthandwerk, originelle Dekoartikel und alternative Heilkunst.
Was sofort auffällt: Die Geschäftsleute in der Oberstadt heißen ihre Kunden willkommen. Sichtbare Zeichen dafür sind die vielen Blumen, die die Eingänge zu den Läden zieren. Sogar die Schubkarre strahlt mit ihrer Blumenpracht einen Hauch Sommer aus und zaubert den Passanten ein Lächeln ins Gesicht.
Nicht nur das Vordergründige macht die Oberstadt aus. Dass hier die Idee entstand, Mönchengladbach als ‘Fairtrade Town – Stadt des fairen Handels‘ zertifizieren zu lassen, sieht man erst auf den zweiten Blick.
Bevor man das Stück Abteiberg hinuntergeht, fällt der Blick auf das St. Vith, das älteste Gasthaus Gladbachs. Gleich darauf kommt das Rathaus Abtei ins Sichtfeld und schon steht man vor der Tür des Eine-Welt-Ladens. Hier gibt es nicht nur Kaffee, Honig und exotische Gewürze aus fairem Handel. Modische Accessoires, Spielzeug und Musikinstrumente bringen ein Stück Afrika, Lateinamerika und Indien direkt in das Gladbacher Zuhause.
Überhaupt zeigt sich die Oberstadt sehr international: Kulinarisch kann man in den vielen Restaurants, Bars, Bistros und Cafés eine Weltreise machen. Allein der einzige Biobäcker in Mönchengladbach vereint deutsche Backkunst und schweizer Rezepte unter seinem Dach. Denn Hans Oehmen ist nach seiner Lehre in den Alpenstaat gegangen und hat dort die Geheimnisse der Bio-Backkunst gelernt.
In dieser entspannten Atmosphäre nehmen sich die Händler Zeit für die Beratung ihrer Kunden. Und gerade in den inhabergeführten Geschäften gibt es zum Shopping-Erlebnis oft noch eine kleine Geschichte dazu.
Sei es, weil die Kunden die Traditionsgeschäfte schon lange kennen und quasi mit den heutigen Inhabern aufgewachsen sind. Sei es, weil die Inhaber und ihre Familien vor vielen Jahren nach Mönchengladbach gezogen sind und Kulinaria, Musik und Sprache aus der Heimat ihrer Vorfahren mitgebracht haben.
Italienisch, Japanisch, Spanisch, Thailändisch und Französisch wird hier gegessen und gesprochen. Aus einem Café klingt orientalische Musik über den Alten Markt, während es sich Frauen und Männer bei einem kühlen Getränk in den Sesseln gemütlich machen. Im Schatten der Eichenbäume wird der herzhafte Burger gegessen und mit einem Glas Wein das Wochenende eingeläutet. Um die Tische laufen spielende Kinder. So fühlt sich Freiheit an.
Die drückt sich auch in den Kunstwerken aus, die rund um den Kapuzinerplatz installiert wurden. Die bunte, verspielte Plastik vor dem Krankenhaus Maria Hilf und die übergroße Steinskulptur auf dem Kapuzinerplatz stammen aus dem Atelier des Gladbacher Künstlers Heinz Mack. Werke des renommierten Künstlers, dessen Thema das Licht ist, werden auch im Museum Abteiberg präsentiert. Dort befindet er sich mit Joseph Beuys, Dieter Roth, Gerhard Richter und anderen bekannten Künstlern in bester Gesellschaft. Das Museum trägt den Namen der Stadt in die internationale Kunstszene. Seine Heimat ist die Oberstadt.
Garnet Manecke