Chemnitz, Nova Gorica und Gorizia sind Europas Kulturhauptstädte 2025. Eine Wahl, die den Fokus legt auf geschichtsträchtige, besondere und vielleicht nicht so bekannte Orte legt.
Verborgene Schätze in Chemnitz
Chemnitz hat es geschafft, sich gegen seine Mitbewerber durchgesetzt und ist Kulturhauptstadt 2025. Unter dem Motto ‚C the Unseen‘ will Chemnitz verborgene Schätze und unentdeckte Orte zeigen. Vor allem aber geht es darum, die Stadt bekannter zu machen und Chemnitz auf der europäischen Karte sichtbarer zu machen.
Gemeinsam
Chemnitz ist nicht im Alleingang Kulturhauptstadt Europas, sondern hat sich gemeinsam mit 38 Kommunen aus Mittelsachsen, dem Erzgebirge und dem Zwickauer Land beworben – und hat den Zuschlag dank seines reichen gemeinsamen Kultur- und Industrie- Erbes bekommen. Was die Region verbindet, sind gemeinsame Traditionen, Umbrüche und Neuanfänge, gemeinsame Natur und Kultur. Dabei will Chemnitz integrieren, nicht ausgrenzen, Brücken bauen und damit Raum geben für eine bunte, kulturelle Vielfalt – auch und gerade im Dreiländereck mit Tschechien und Polen.
Ungesehenes
‚C the Unseen‘ – dieses Wortspiel mit dem Anfangsbuchstaben von Chemnitz erklärt, dass die Kulturhauptstadt den Scheinwerfer auf Menschen, Orte und Aktivitäten richten will, die bislang nicht im Zentrum der touristischen Aufmerksamkeit stehen. Ungesehenes und Unentdecktes soll sichtbar gemacht werden. Dafür bietet das Programm vielfältige Möglichkeiten. Zum Beispiel mit Tanz und einer ungewöhnlichen Ballett-Inszenierung inspiriert von James Joyce ‚Ulysses‘ oder einem Kunstfestival in einem stillgelegten Braunkohle-Heizkraftwerk.
Osteuropa in Westeuropa
Chemnitz selbst sagt über sich, eine osteuropäische Stadt in einem westeuropäischen Land zu sein. In jedem Fall atmet Chemnitz jede Menge Geschichte und ist geprägt von großer Tradition und vielen Umbrüchen. Deutlichstes Zeichen dafür, dass es hier immer möglich ist, sich neu zu erfinden, war die Rückbenennung von Karl-Marx- Stadt in Chemnitz nach der Wende.
Richtig was los
Die Kulturhauptstadt Chemnitz lockt mit einem pompösen Programm, bestehend aus 1000 Veranstaltungen und 150 Projekten, in die 875 Akteure involviert sind und erweist sich als lebendiger, gastfreundlicher und überraschender Ort. Dazu das Industriemuseum Chemnitz, die Kunstsammlungen, das Staatliche Museum für Archäologie sowie die Theater.
Chemnitzer Garagen
Die Standardgarage in der DDR war die Garage X Typ 126. Rund 30.000 davon standen in Chemnitz und prägten so gewissermaßen das Stadtbild. Sie waren aber längst nicht nur Abstellort für den Trabant, sondern auch Räume für soziale Begegnungen oder den Rückzug ins Private. 2025 werden in vielen Garagenhöfen der Stadt Feste, Workshops und Kunstaktionen stattfinden.
Ein Programm, das von den Menschen kommt
Die Menschen aus Chemnitz haben sich aktiv an der Planung des Programms beteiligt: Von 250 Anträgen mit Projektideen werden 60 umgesetzt, die meisten davon mit Fokus auf das Zusammenwirken verschiedener Generationen, auf Diversität und Inklusion sowie Kooperationen zwischen Deutschland, Tschechien und Polen. So gibt es ein großes Musikfestival, Lesungen, Diskussionsrunden oder ein Radsportevent, eine Reminiszenz an die großen Friedensfahrten in der DDR.
Nova Gorica und Gorizia – Grenzenlose Kulturhauptstadt
Nova Gorica ist die bisher erste grenzübergreifende Kulturhauptstadt der Geschichte. Während Nova Gorica in Slowenien liegt, befindet sich Gorizia (zu Deutsch: Görz) in Italien. Das Motto der beiden Städte liegt auf der Hand: grenzenlose Europäische Kulturhauptstadt 2025. Ein bisschen ist es so, als würden die Städte aus dem Westen Sloweniens und dem äußersten Nordosten Italiens aufs Neue vereint.
Historie
Ungefähr im Jahr 1000 gegründet, wurde die Region mit dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 italienisch – und die Stadt Görz hieß nun Gorizia. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde durch die Stadt eine Grenze gezogen. Der größte Teil der Stadt lag auf italienischem Terrain. Die Slowenen wollten aber auf ihren Teil nicht verzichten und errichteten auf der grünen Wiese die Stadt Nova Gorica. Heute grenzen das italienische Gorizia und das slowenische Nova Gorica unmittelbar aneinander und sind räumlich untrennbar verbunden. Eine Stadt, die geteilt und doch vereint ist – auch, weil man gemeinsam an der Überwindung von Hindernissen arbeitet.
Go! 2025 = Borderless
Leicht kryptisch wirkt der Titel des gemeinsamen Programms der grenzübergreifenden Europäischen Kulturhauptstadt Nova Gorica/ Gorizia 2025. Es gibt unter anderem Konzerte von Sting oder Robbie Williams, aber auch Opernvorführungen und Tanzveranstaltungen wie etwa das grenzübergreifende Tanz-Ensemble ‚Borderless Body‘, das passend zum Thema die Grenzen des Körpers erforschen möchte. Denn überhaupt dreht sich im Programm zur Kulturhauptstadt vieles um das Thema Grenze – denn schließlich ist die Teilung des Görzer Raumes für viele Bewohner bis heute eine traumatische
Erfahrung.
Sehenswürdigkeiten
Das von Bergen umgebene Nova Goricia hat eine malerische Lage. Auf einem dieser Berge über der Stadt befindet sich das traumhaft gelegene Kloster Kostanjevica. Das 400 Jahre alte Gebäude wird immer noch genutzt. Besucher können die Kirche, die Gruft, die Bibliothek und den Rosengarten bestaunen. Das Umland ist ein toller Ausgangspunkt für Ausflüge, ins malerische Vipava-Tal und zur berühmten Solkan-Brücke. Gorizia genießt meist mehr Aufmerksamkeit, durch seine vielen Parks und das viele Grün, hat aber auch dank des Schlosses, der Villen und der Paläste ein besonderes Flair. Der barocke Neptunbrunnen und die Kirchen Sant’Ignazio und Il Duomo sind Highlights in der wunderschönen Innenstadt, genau wie das Borgo Castello, ein von venezianischen Stadtmauern begrenztes Mittelalterdorf in Zentrumsnähe.
Sven Platen