Wenn William Wallace in der Facebook-Gruppe „Du bist Mönchengladbacher, wenn …“ historische Bilder von Mönchengladbach zeigt, bekommt er neben vielen Likes begeisterte Kommentare voller Nostalgie. Viele Follower erkennen auf den Bildern Orte, die in ihrer Jugend und Kindheit eine große Bedeutung hatten. Die Fotos zeigen: Mönchengladbach ist alles andere als trist.
Der Bismarckplatz ist kaum wiederzuerkennen: Ein großes Wasserbecken mit Springbrunnen beherrscht das Zentrum des Platzes. Türkisblau schimmert das Wasser. Eine begrünte Pergola, die rund um den halben Platz führt, spendet den Passanten im Sommer Schatten. Ein Bild wie aus einem Heimatfilm. Das Bild des blühenden Bismarckplatzes ist eines der beliebten Fotos, mit denen William Wallace auf Facebook das Mönchengladbach der 1960er bis 1990er Jahre wieder in Erinnerung ruft. Wer den Platz noch aus dieser Zeit kennt, spürt sofort wieder die feinen Nieseltropfen im Gesicht, die bei Wind von der Fontäne herübersprühten.
Wallace, der im richtigen Leben Jürgen Delforge heißt, sammelt seit 1988 historische Fotos des Stadtlebens. „Damals habe ich mir einen Fotokalender gekauft, der die historische Stadt zeigte“, erinnert er sich. Seitdem ist er immer auf der Suche nach alten Bildern, mit denen er seine Fangemeinde erfreuen kann. Wobei seine Bilder nicht einfach nur das frühere Mönchengladbach abbilden. Delforge verändert die Vorlagen und schaff t so eigene kleine Kunstwerke.
Historische Schwarz-Weiß-Aufnahmen coloriert er. Ein Bild vom Gladbacher Münster mit dem Geroweiher im Vordergrund sieht bei ihm aus wie eine Landschaft aus einem Märchenbuch. Besonders interessiert Delforge, wie sich die Stadt mit den Jahrzehnten verändert hat. Dann greift er auch selbst zur Kamera und macht Fotos von den Orten. „Ich nehme sie aus derselben Perspektive auf, wie die der historischen Bilder“, erklärt der 57-Jährige. Die beiden Bilder stellt er gegenüber oder legt sie übereinander.
Zwar zeigt er auch Bilder, die Ende des 19. /Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sind. Sein Sammelschwerpunkt sind aber die 1960er bis 1990er Jahre. „Das ist die Zeit, die ich selbst erlebt habe“, sagt Delforge. Er ist in Mönchengladbach geboren und aufgewachsen bis er 1976 nach Korschenbroich zog. „Gladbach hatte für mich immer ein besonderes Flair, eine eigene Ausstrahlung“, sagt er. Er kann sich noch gut daran erinnern, wie die Straßenbahn durch die Stadt rumpelte, auf der Hindenburgstraße reger Autoverkehr war, auf dem Bökelberg Meisterschaften geholt und anschließend in Eicken oder in der Altstadt gefeiert wurden. „Ich bin hier groß geworden und habe die Welt entdeckt“, sagt er. „Meinen besten Freund habe ich 1967 im Kindergarten in Eicken kennengelernt. Unsere Freundschaft hält bis heute an.“
Die Fotos sind voller Leben: Brunnen waren ein großes Thema in der Stadt. Neben dem auf dem Bismarckplatz zierte ein Wasserspiel auch den Vorplatz des ehemaligen Theaters, wo jetzt das Minto steht. Heute ist es kaum vorstellbar, dass damals noch Autos über die Hindenburgstraße fuhren. Wegweiser schickten die Verkehrsteilnehmer über den Alten Markt Richtung Venlo und zum Krankenhaus Maria Hilf. „Ich finde es faszinierend, wie schön diese Stadt einmal war“, sagt Delforge. „Das möchte ich den Mitgliedern der Facebookgruppe gerne zeigen. Die Orte, an denen wir uns früher aufgehalten haben und die die Stadt ausmachten.“
Auf so manchen Ort schaut er mit etwas Wehmut. „Das Minto ist gut gelungen finde ich, aber die Veränderung des Bismarckplatzes ist schon traurig“, sagt er. „Im Zuge der Wandlungen und Veränderungen wurde oft nicht darauf geachtet, Altes mit Neuem zu verbinden. Der Bismarckplatz zeigt das sehr deutlich. Dadurch hat die Stadt an Reiz verloren.“ Andererseits gibt es nun wieder viel Engagement von den Mönchengladbachern selbst, um ihre Stadt zu gestalten. Die Veränderungen am Schillerplatz und am Maarplatz machen Hoffnung, dass Gladbach wieder aufblüht.
Garnet Manecke