Die Kunstakademie ist schon in den alten Bahnhof Geneicken umgezogen. Im Atelier verfeinern die Schüler seit einigen Monaten ihre Techniken als Maler und Bildhauer. Nun wird der Kunstbahnhof sein Spektrum erweitern, wenn neben der Arbeit der Akademie in den Räumen auch Ausstellungen und erstklassige Konzerte stattfinden. Eröffnet wird er mit einer Präsentation des russischen Malers Anatoly Zverev, in der Licht eine bedeutende Rolle spielen wird.

Als Georges Burki den Geneickener Bahnhof das erste Mal besichtigte, wusste er sofort, dass in dem Gebäude nicht nur die Kunstakademie eine neue Heimat finden sollte. Sein Freund Günter von Kannen, Leiter der Akademie, hatte den Schweizer Musiker auf den alten Bahnhof aufmerksam gemacht. Die Bahnhofssäle waren ideal für die Akademie, die ihre alten Räume in einer Industriehalle verlassen musste. In dem Ort sah Burki größeres Potenzial. „Meine Idee ist, dass wir die Synergien eines Kunstbetriebes hier nutzen“, sagt Burki. Neben Ausstellungen bildender Künstler und der Schüler der Akademie sollen Konzerte verschiedener Genres, Lesungen und weitere Veranstaltungen hier stattfinden. Die Ideen werden sich in den kommenden Monaten weiter entwickeln, aber das Grundkonzept steht – und das ist reich an Inhalt und Qualität.

Mit Katrin und Ralf Hoppen haben die Künstler ein befreundetes Unternehmerpaar für die Idee gewonnen, das aus seiner Zeit im Team des Internationalen Niederrhein Musikfestivals viele Jahre Erfahrungen in einem Kulturbetrieb mitbringt. Gemeinsam hebt das Team den Kunstbahnhof aus der Taufe. Denn jetzt sind neben den Räumen der Kunstakademie auch die beiden Museumssäle fertig. Am 13. September wird der Kunstbahnhof eröffnet und die Gäste werden gleich spüren, dass hier keine 0815-Events zu erwarten sind. Was hier passiert, soll Signalwirkung haben. Entsprechend haben die Macher ihr Projekt ‚Kunstsignal‘ genannt.

Als erstes Kunstsignal werden im Wartesaal mit der hohen weißen Decke und den dunkelbraunen Holzträgern 30 Gemälde des Non-Konformisten Anatoly Zverev präsentiert. In Workshops wird Günter von Kannen, Leiter der Kunstakademie, den Besuchern zeigen, wie Lichtfarbe, -intensität und -einfall die Wirkung der Bilder beeinflussen. Der Geiger Iskandar Widjaja gibt zur Eröffnung ein Konzert. Der Berliner Musiker mit indonesischen Eltern ist in Indonesien ein Star, in Deutschland ist er vor allem Klassik-Fans bekannt. Er bringt Klassik mit Elementen aus verschiedenen Genres zusammen. Dabei arrangiert er seine Musik auch mit Geräuschen der Nasa oder White Noise, der Fachbegriff für beruhigende Hintergrundgeräusche. Eine Woche später wird mit dem Georges Burki Collective der Hauseigner selbst im Konzertsaal stehen und das Publikum in Improvisationen die jazzige Seite von Bach fühlen lassen.

Dass fast jedes Detail in dem Haus eine eigene Geschichte mitbringt, macht die besondere Atmosphäre aus. Der Konzertsaal im Erdgeschoss war einst der Wartesaal der Erste-Klasse-Reisenden, im Atelier nebenan wurden die Fahrkarten verkauft, der Saal unter dem Dach war früher eine Wohnung mit kleinen Räumen und die Stühle haben schon in anderen Konzertsälen gestanden. Auch der Steinway-Flügel im Konzertsaal hat seine eigene Geschichte. Das gebrauchte Instrument wurde in einer Spezialwerkstatt generalüberholt und vereint nun den Klang eines neuen Instruments mit der äußerlichen Patina seiner Historie. Der Flügel soll nicht nur in den Konzerten eine Rolle spielen. Für die Zukunft ist geplant, dass in den Räumen auch Meisterkurse stattfinden können.

Worauf sich Liebhaber bildender Kunst und klassischer Musik im Kunstbahnhof freuen können:

Best of NRW
Mönchengladbach wird eine der 15 Spielstätten der Konzertreihe ‚Best of NRW‘ und damit regelmäßig Gastgeber für hochbegabte Nachwuchsmusiker. Die Konzertreihe wurde 1999 von der damaligen Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW, der Werner Richard – Dr. Carl Dörken Stiftung und dem WDR ins Leben gerufen. Die jungen ‚Best of NRW‘-Musiker sind bereits vielfach preisgekrönt. Schon zwei Wochen nach der Eröffnung des Kunstbahnhofs wird das erste Konzert stattfinden. Insgesamt können sich Musikliebhaber auf vier Konzerte in der Reihe freuen – jeweils mittwochs ab 19.30 Uhr:

25. September
Tetiana Muchychka (Akkordeon)
13. November
Armin-Thomas Khihel (Klarinette)
Barbara Squinzani (Klavier)
15. Januar 2020
Knut Hanßen (Klavier)
18. März 2020
Vigato Quartett mit Veronika Bejnarowicz und Laura Kania (beide Violine)
Marc Kopitzki (Viola) und Gereon Theis (Violoncello)

Georges-Burki-Collective mit Gast-Musikern
Georges Burki ist nicht nur Hausherr im Kunst-Bahnhof, sondern vor allem Musiker. Mit seinem Trio, dem Georges-Burki-Collective spielt er als Hausband regelmäßig in einem der Säle. Aber die drei Schweizer Musiker wollen dabei nicht allein bleiben: Burki wird internationale Jazzgrößen zu gemeinsamen Sessions einladen. Den Anfang macht ein Mönchengladbacher Musiker. Frisch von seiner USA-Tour zurückgekehrt, tritt der Gypsie-Gittarist Joscho Stephan am 15. November im Kulturbahnhof auf. Weitere Auftritte des Musikers mit seiner eigenen Formation sind bereits in Planung.

Die Kulturaktie
Auf der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten des Kunstbahnhofs ist Georges Burki auf die Idee der Kulturaktie gestoßen, die er für Mönchengladbach übernehmen will. Die Idee ist einfach, aber wirkungsvoll: Jedes Jahr entwirft ein Künstler oder Schüler der Kunstakademie eine Kulturaktie, die in limitierter Stückzahl produziert und verkauft wird. Die Aktie soll es in verschiedenen Nennwerten geben. So ist es sowohl mit einem kleinen Budget möglich, ein Stück Kunst zu erwerben und die Kultur zu fördern, als auch als Groß-Sponsor eine größere Beteiligung zu erwerben. Weil es jedes Jahr ein neues Aktien-Motiv gibt, wird mit den Jahren eine Sammlung entstehen.

Garnet Manecke

Kunstbahnhof Geneicken
Otto-Saffran-Straße 102 | Mönchengladbach
Tickets & Infos: kunstbahnhof@hoppen-innenausbau.de