Sie kamen über Nacht. Leise, harmlos eigentlich, aber sie waren viele. Egal, ob am Badesee oder am Flussarm, ob am Hariksee, an der Niers oder wo auch immer – Stand-Up-Paddle-Boards, kurz SUP’s, sind seit vier oder fünf Jahren das Fortbewegungsmittel auf dem Wasser schlechthin. Nicht so strampelig wie Tretboote, nicht so piefig wie ein Kanu und weitaus cooler als ein Schlauchboot – die (meist) aufblasbaren, ungefähr vier Meter langen Boards sorgen dafür, dass sich selbst wir Niederrheiner fühlen dürfen wie die coolen Surfer auf Hawaii – zumindest ein bisschen.

Vor der Coolness steht erst einmal die Arbeit. Mit großen Rucksäcken kommen sie an, die ‚Supper‘ hier am Badesee und packen ihr Equipment aus. Das Paddel wird zusammengesteckt, das aufblasbare Board auf dem Boden ausgebreitet und mit einer Standpumpe aufgeblasen. Schließlich wird es unter den Arm geklemmt und zu Wasser gelassen, natürlich erst, nachdem die Finne unter dem Board befestigt wurde und man den Sicherungsgurt ums Fußgelenk geklettet hat.

Man kann darüber lächeln, dass das SUP-Fahren auf dem See nicht wirklich spektakulär aussieht: Eher bedächtig bewegt man sich, abwechselnd links und rechts das Paddel in den See stechend, schwebend über das Gewässer. Manchmal sogar ungelenk, wenn Ungelernte – und davon gibt es viele – verzweifelt versuchen, im Stehen das Gleichgewicht zu halten und sich dann doch lieber erst mal hinknien. Das ist aber nicht weiter schlimm, bei den meisten stellt sich schnell ein Lerneffekt ein. Man kann auch sagen, dass das eine Modeerscheinung für vollbärtige Hipster ist. Man könnte aber auch anerkennen, dass sich hier offensichtlich eine neue Art, Sport zu treiben, entwickelt.

Den Fitness-Effekt beim Stand-Up-Paddeln bemerkt jeder nach dem ersten Mal: Muskelkater ist vorprogrammiert; vor allem im Rumpfbereich und den Zehen, da Anfänger oft verkrampft auf dem Brett stehen. Ansonsten wird der ganze Körper trainiert, vor allem die Tiefenmuskulatur. Es waren vermutlich Surfer in Polynesien, die die wellenlose Zeit auf dem Board paddelnd verbracht haben und damit vor Jahrzehnten die Grundlage des ‚Suppens‘ geschaffen haben. Oder sie sind über die Riffe hinaus gepaddelt, um fischen zu können. Später haben Surflehrer auf Hawaii ihre Schüler vom Board aus stehend beobachtet. Heute hat gefühlt fast jeder so ein Board; spätestens, seitdem die großen Discounter qualitativ für Anfänger durchaus brauchbare SUP’s auf den Markt geworfen haben.

Mittlerweile ist neben einem ganzen Equipment-Boom noch mehr entstanden. Dank richtiger Kleidung stehen echte Paddler in zehn von zwölf Monaten auf dem Board. Man trifft sich zum SUP-Yoga, durchquert bei speziellen Treffen die Kanäle von Utrecht oder trifft sich zum Feierabend-Paddeln in einem Rhein-Arm.

Wer das erste Mal aufs Board steigt, der kann im Idealfall einen Einsteigerkurs buchen – oder im ruhigen Gewässer in Ufernähe üben. Kniend, mit sanften Paddelschlägen rechts und links ausprobierend, bekommt man ein Gefühl für das Balance halten, denn das Schaukeln geht durch den ganzen Körper. Und manchmal rafft es einen dahin; hat man einmal das Gleichgewicht ein wenig verloren, dann ist es wie beim Bullenreiten. Wenn man im Wasser landet, ist es auch egal. Das gehört dazu. Auch wenn das dann vielleicht nicht ganz so cool aussieht.

Sven Platen