Was ist das Schönste am Frühling? Richtig, man kann wieder draußen sitzen und das tun, was man am liebsten macht: lesen. Wie gut, dass die Tage länger sind und eine ganze Reihe langer Wochenenden bevorstehen. Zumal der 23. April der Welttag des Buches ist. Ein Tag, der die Lust am Lesen feiert.
Auffallen werden die vielen Kinder, die am Welttag des Buches in die Friedrichstraße gehen. Rund 500 Jungen und Mädchen aus über 20 Klassen kennen nur ein Ziel: die Buchhandlung Degenhardt. Hier hat das Team für die Kinder eine Rallye durch die ganze Buchhandlung vorbereitet. Treppauf, treppab geht es, einmal quer durch die Geschichten von Rittern und mutigen Mädchen, von zaubernden Feen und garstigen Monstern, die hier in den Regalen stehen. Und damit jeder die Chance hat, auch mal in Ruhe in die Bücher zu schauen, kommen die Kinder nicht alle zusammen, sondern klassenweise. Zum Lesen braucht man nämlich Ruhe.
Auch die Buchhandlungen ‚prolibri‘ und die Filialen der Mayersche haben Sonderaktionen rund um den Welttag des Buches geplant. Dass die Unesco 1995 den 23. April dazu erklärt hat, liegt an zwei berühmten Dramatikern. 1564 soll William Shakespeare an diesem Tag geboren worden sein, der 23. April 1616 gilt als sein Sterbedatum. Bei seinem Geburtsdatum sind sich die Historiker zwar nicht ganz sicher, aber wichtig ist ja vor allem, dass Shakespeare überhaupt das Licht der Welt erblickte. Sonst müssten wir ohne Romeo und Julia, Hamlet, Macbeth und den Sommernachtstraum auskommen. Und das wäre ausgesprochen schade. Shakespeare wird auch gute 400 Jahre nach seinem Tod oft und gern gelesen. Seine Stücke sind heute noch genauso aktuell wie zu seiner Zeit. Das Globe Theatre in London ist vor allem durch die Aufführungen seiner Komödien und Dramen in der elisabethanischen Zeit berühmt geworden. Eine Kopie des Theaters steht übrigens in Neuss und ist jedes Jahr Schauplatz des Shakespeare Festivals.
Miguel de Cervantes ist der zweite berühmte Schriftsteller, der mit diesem speziellen Lesetag geehrt wird. Der Autor von Don Quijote starb genau einen Tag vor Shakespeare. Aber lange hielt man den 23. April für den Todestag des spanischen Nationaldichters, weil er an dem Tag begraben wurde. De Cervantes war Spross eines verarmten Adelsgeschlechts, studierte Theologie, war Kammerdiener, geriet in die Sklaverei und wurde nach seiner Flucht Soldat und später Steuereintreiber. Lange blieb ihm der Erfolg als Schriftsteller verwehrt, bis er Don Quijote schrieb. Obwohl er mit dem Roman viel Geld verdiente, starb de Cervantes verarmt.
In der Stadtbibliothek finden sich viele Geschichten, die so spannend wie de Cervantes‘ Leben sind. Manche sind erfunden, andere sind tatsächlich passiert. Aber jedes Buch führt die Leser in eine andere Welt. Zu ihrem 100-jährigen Jubiläum hat die Bibliothek 2005 Besucher gefragt, was Lesen für sie ist. „Eine Bereicherung für mein Wissen, meine Fantasie und meine Gedanken, und das ist gut für mein Leben“, hat die 26-jährige Nicole gesagt. Lina (12) drückt es so aus: „Lesen ist, wenn ich mir im Inneren selbst ein Bild vorstelle. Ich sitze auf einem Stuhl oder stehe an einem anderen Ort und bin doch irgendwo anders, als wo ich bin.“ Schöner kann man es nicht sagen.
Garnet Manecke