Ich mach´ es zu meinem Projekt: Das neue Gartenhaus auf unserem Grundstück wird nach und nach zu einer Kneipe im Miniatur-Format umfunktioniert
Eigentlich hatte alles damit angefangen, dass ich einen Weblink zugeschickt bekommen habe. Keine Einladung zur Mitmach- Challenge, kein lustiges Fußball-Video und nichts mit Katzen oder Hunden. Nein, es war ein Link, der zu einem ziemlich interessanten und reich bebilderten Online-Artikel geführt hat: Der ‚Do-it Yourself-Pub im eigenen Garten‘ hat sofort mein Interesse geweckt. Platz für ein kleines Gartenhaus hätten wir allemal, und der alte Traum von einem Partykeller lässt sich wegen unserer niedrigen Kellerdecke nicht verwirklichen.
Ein Pärchen aus dem englischen Wigan ist also mein großes Vorbild und hat im Garten ‚The Drunken Crab‘ eröffnet. Schönste britische Kneipen-Kultur auf wenigen Quadratmetern, mit Leder- Eckbank, einer Theke mit Zapfhahn, einem (elektrischen) Kamin und Barhockern und allerhand Kneipen-Interieur vom Bierkrug bis zum Bierdeckel. Während der Lockdown-Phase haben sie die Zeit genutzt, den Kneipenschließungen getrotzt und sich ihr eigenes Reich fürs Feierabendbier geschaffen.
In den Herbstferien begann bei mir Phase 1 des Projekts: das Beschaff en eines Gartenhauses. Da der geplante Urlaub aus bekannten Gründen ausfallen musste, habe ich mich bei Ebay Kleinanzeigen richtig reingehängt: Suchanfragen gestellt, Preise verglichen, Kontakt zu den Verkäufern aufgenommen. Tagelang tat sich gar nichts, zweimal war ich knapp zu spät, bis sich auf einmal der ‚Sechser im Lotto‘ auftat: Ein Gartenhaus in Blau, 2,5 mal 3 Meter groß, mit Fenster, Holzboden und Regenrinne. Zwar über 20 Jahre alt, aber aus wirklich gutem Holz, keine Baumarkt-Pressholz- Qualität. Und das Beste: kostenlos! Der ‚Verkäufer‘ musste schnell Platz für ein eigenes neues Projekt im Garten haben – und sein Haus wird nun also zu meinem Projekt.
Zwei Tage später (und drei gute Freunde, die mit anpacken, darunter einer mit Auto-Anhänger) liegt das Gartenhaus, in seine Einzelteile zerlegt, bei mir im Garten. Und während es Brett für Brett im Garten neu aufgebaut wird, kreisen die Ideen: Soll ein kleiner Videobeamer rein, für Fußballabende im kleinen Freundeskreis? Oder lieber ein Bluetooth-Soundsystem, um bei einem guten Whisky irische Pub-Musik zu hören? Ein Billardtisch und ein Tischkicker scheiden aus Platzgründen leider aus.
Doch das Reich ganz für den Herrn des Hauses allein wird es doch nicht. Es ist noch kein Richtfest gefeiert, da melden die beiden acht- und fünfjährigen Töchter ihre Ansprüche an: Das Gartenhaus sei ein perfektes Quartier für den Detektivclub, den sie mit ihren Freundinnen gegründet haben. Und auch die Ehefrau läuft verdächtig oft mit dem Zollstock durch meinen künftigen Privatpub. Was hat sie denn nun wieder vor?
Ich muss also schnell handeln, um der Wohnraumerweiterung im Garten meinen Stempel aufzudrücken. Nach zwei Tagen ist das Gartenhaus aufgebaut (der Urlaubswoche sei Dank!), ein Tag später ist die Dachpappe drauf – und die Gattin fragt, ob man hier denn zumindest die Gartenmöbel im Winter unterstellen kann. Ich muss Argumente sammeln und Fakten schaff en. Und diese Fakten sind aus dunklem, schweren Holz, passen gerade so in meinen VW Caddy und hören auf den Namen ‚Theke‘ und ‚Barschrank‘. Die Entscheidung ist gefallen, der Traum wird wahr – das Gartenhaus wird eine Bar. Die Theke und der Barschrank sind also gesetzt, und ich bin freudig überrascht, dass drum herum noch reichlich Platz für diverse verrückte Ideen bleibt.
Die Jagd nach Schnäppchen wird zum Sport, mein Pub soll ein Low-Budget-Projekt sein und bleiben. Und so laufen die Suchanfragen bei Ebay-Kleinanzeigen weiter, ich besuche Second-Hand- Möbelläden und lasse mich im Internet weiter inspirieren. Der Winter ist ja noch geprägt von Kontaktbeschränkungen, aber auf der anderen Seite perfekt dafür, in aller Ruhe einen Ort zu kreieren, mit dem ich die Freunde überraschen kann. Eine eigene Kneipe mit Dartscheibe, Eckbank, kleinem Kühlschrank und vielleicht auch mit einem Erdnuss-Automaten. Mit all den Biergläsern im Barschrank, für die im Wohnzimmerschrank meiner Frau zufolge schon seit Jahren kein Platz ist. Mit allerhand Nippes, den man sich auf künftigen Trödelmärkten zusammenkauft und der den Wohnzimmer-TÜV niemals bestehen würde.
Einen Raum, in dem selbstverständlich tagsüber auch die Detektive tagen dürfen und abends dann deren Väter. Einen Raum, den eigentlich, wenn man es genau betrachtet, niemand braucht, über den sich aber jeder freut. Letztens saß ich abends hier mit meiner Frau. Der Elektriker-Kumpel muss noch kommen, also flackerte nur eine große Kerze auf der Theke. Wir saßen auf den zwei Barhockern und haben einen Glühwein getrunken. Gar nicht so schlecht, deine kleine Kneipe, hat meine Frau dann gesagt.
mle