Schon mal ausprobiert? 40 Tage ohne Süßigkeiten, Alkohol oder die Spielekonsole? Das Fasten ist ein echter Trend geworden, und der Bruch mit Gewohnheiten kann interessant sein
Und, üben Sie sich in der Fastenzeit auch im Verzicht? Kein Alkohol, keine Süßigkeiten oder kein Social Media? Damit sind Sie wahrlich nicht alleine, das Fasten ist schwer in Mode. Die einen erhoffen sich, dadurch ein paar Kilos abzunehmen (klappt selten nachhaltig). Die anderen verzichten aus gesundheitlichen Gründen auf diverse Genussmittel (was natürlich vernünftig ist) und wieder andere begreifen das Fasten als eine Art Challenge und wollen dabei mehr über sich selbst erfahren. Ob man eisern etwas durchziehen kann und inwieweit man sich selbst beherrscht.
Wenn man ehrlich ist, hat Fasten leider seit Jahrhunderten etwas mit Schummeln und Selbstbetrug zu tun. Im Schwabenland zum Beispiel wurde das damals in der Fastenzeit untersagte Fleisch zerhackt und mit Gemüse vermischt im Nudelteig – ja, man muss es so sagen – versteckt. Die Maultaschen waren erfunden und die Schwaben zufrieden – denn das Fleisch auf dem Teller, das man nicht sieht, existiert ja schließlich nicht. Noch schlitzohriger gingen katholische Mönche vor, die, ebenfalls gefrustet vom Fleischverzicht, kurzerhand den Biber als fischähnliches Wassertier erklärten, damit sie diesen in der Fastenzeit verputzen durften.
Und im Kloster Andechs hieß es gar hochtrabend-lateinisch: „Liquida non frangunt ieunum“, also: Flüssiges bricht Fasten nicht. Es war somit legitimiert, auch in der vor-österlichen Zeit das selbst gebraute Bier zu trinken. In Maßen natürlich. Klosterbruder Frater Brauer soll sich demnach zusammengerissen und seinen täglichen Bierkonsum von den gewohnten 18 Maß (!) auf zehn Maß (!) begrenzt haben.
So mogelte man sich damals durch die Fastenzeit, und so macht das vielleicht auch heute manch einer. Dabei ist der geplante und bewusste Verzicht auf etwas, auf das man eigentlich nicht so gerne verzichtet, eine spannende Erfahrung. Denn man lernt viel über sich. Wie schwer fällt es tatsächlich, zwischendurch nicht in die Süßigkeiten-Schublade zu greifen? Darauf zu verzichten, immer und immer wieder Nicht-Nachrichten auf Facebook zu checken oder abends ein Gläschen Wein zu trinken? Es heißt, dass hinter dem Verzicht immer auch etwas Neues steckt. Wer weniger an der Konsole zockt, hat mehr Zeit für andere Dinge, so einfach ist das. Und vielleicht gelingt es ja, mit diesem bewussten Gegensteuern gegen alte (und möglicherweise schlechte) Gewohnheiten, eben jene zu brechen?
Seit nunmehr rund 1.700 Jahren gibt es die Fastenzeit, jene 40 Tage zwischen Aschermittwoch und Ostern, die im Jahr 325 beim Konzil in Nicäa festgelegt wurden. Und in all den Jahren wurden die Verzichtserklärungen immer kreativer. Es gibt zahlreiche Fastenkuren wie das Nachtfasten, das Wasserfasten, das Heilfasten, das Intervallfasten oder die Saftkur. In den letzten Jahren ist zudem der Begriff des Klimafastens immer populärer geworden. Dahinter steckt nichts anderes als ein bewussterer Umgang mit den natürlichen Ressourcen.
Wer noch nie gefastet hat und sich nicht sicher ist, ob das was für einen ist, der sollte mit einer kleinen Veränderung anfangen. Und dabei trotzdem vielleicht ein bisschen konsequenter zu Werke gehen als damals Frater Brauer.
mle
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