Ich bin ja kein Anhänger von Verschwörungstheorien. Für mich waren die Amerikaner die ersten auf dem Mond und Elvis Presley ist wirklich gestorben, mag es auch noch so gute Doubles geben. Auch die Idee, dass mit den Kondensstreifen von Flugzeugen bewusstseinsverändernde Chemikalien in der Atmosphäre versprüht werden, um die Menschheit zu beeinflussen, halte ich für ausgemachten Humbug. 

Nichtsdestotrotz möchte ich Ihnen in dieser Ausgabe eine spektakuläre Enthüllungsstory präsentieren, die Ihnen die Augen öffnen wird. Beim Weg in den Urlaub haben meine Recherchen ergeben, dass es nur einen tatsächlichen Grund gibt, zwei Stunden vor dem Abflug am Flughafen zu sein. Nach vielen Einzel- und Selbstgesprächen, nach akribischer Analyse der Abläufe und intensiven Selbstversuchen bin ich nun endlich dahinter gekommen: Es dient einzig und allein dem Zweck, mehr Zeit im Duty Free Shop zu verbringen. Eine Zwangsverlängerung der Verweildauer im Konsumtempel, um wertvolle Urlaubszeit zwischen Regalen gefüllt mit unnützem Wohlstandskrempel zu verbringen. Um 3,50 € für ein kleines Fläschchen Wasser zu bezahlen oder 5,60 €für einen Cappuccino – leidenschaftslos zubereitet von einem unmotivierten Morgenmuffel mit Sandmännchen in den Augen – geht’s denn noch? 

Unmittelbar hinter den Sicherheitskontrollen wird man ungewollt sogleich in die Welt der exklusiven Düfte und edlen Marken-Spirituosen geschleust, ohne es bewusst wahrzunehmen. Ich bin noch dabei, meine Armbanduhr wieder anzulegen und mir den Gürtel durch die Schlaufen zu friemeln, als mich eine weißgesichtige Puppe mit einem Barbie-Gesicht und  auf hochhackigen Schuhen zutextet von Jean Paul Gaultiers Sommerduft oder dem Trend-Rasierwasser von der Upper Eastside. „Lass mal stecken. Ich bin völlig entspannt und flieg auf die griechischen Inseln. Da braucht man so’n Kram nicht. Versuch du erst mal, dein Freischwimmer Abzeichen zu schaffen und lass mich mit deinen Duftstreifen in Frieden.“

Die Reise- und Einzelhandels-Verkaufsstrategen wissen natürlich, dass der Reisende Scheinchen im Brustbeutel hat und stellt etliche Fallen auf. Warum sollte ich mir eine zwei Kilo schwere Riesen-Toblerone kaufen, die nur diagonal ins Handgepäckfach passen würde?  Beim Zeitschriften-Shop lass ich mir das umfangreiche Sortiment an Hochglanzmagazinen ja noch gefallen – sind schließlich viele unterschiedliche Leute unterwegs – obwohl ich noch niemanden gesehen habe, der am Terminal die neue Ausgabe von ‚Das Feuerwehrauto‘ gekauft hat. Aber Angebot und Nachfrage regeln bekanntlich den Markt …

Es gibt sogar eine Ladenkette, die sich auf sog. ‚Travel Accessoires‘ spezialisiert hat. Das aufblasbare Nackenhörnchen, das einen neben der Komfortsteigerung davor bewahrt, drei Stunden lang anderer Leutes Körperfett an der Flugzeugscheibe zu absorbieren ist ja o.k. , aber wer kauft bitteschön am Flughafen einen gusseisernen Pizza-Holzbackofen, ein Faltkajak oder eine 120 cm lange Pfeffermühle?

Mein persönliches Verhalten hinsichtlich der Kaufbereitschaft an Flughäfen ist eher als zurückhaltend zu beschreiben. Ich weiß doch in der Regel schon vor der Abreise, was ich unterwegs so brauche. Außerdem verreisen meine Frau und ich immer mit gepackten Koffern – wer zum Teufel kauft denn am Airport einen Koffer?

Vor allem beim Rückflug, z. B. aus Kreta, wundere ich mich über das umfangreiche Sortiment an Olivenölen im Duty Free Shop. Den gleichen Liter kaltgepressten Öls hätte man am Vorabend noch für 6,50 € im Mini Market bekommen, statt hier 13,60 € dafür zu zahlen. Sie kennen die alte Marketing Weisheit: „Willst Du etwas Teures verkaufen – stelle etwas noch Teureres daneben“. Die meisten Leute wählen dann am Ende die toll aufgemachte Flasche für 18,50 €, jedoch nur im 0,75 Liter Gebinde! Die Menschen wollen einfach getäuscht werden.

Wem die zwei Stunden im Duty Free Dschungel nicht ausgereicht haben, dem steht ja schließlich noch der On Board Verkauf im Flieger zur Verfügung. Im ‚Shop on Board Magazin‘ habe ich den sinnlosesten Artikel gesucht. Ich konnte mich nicht entscheiden zwischen der Beach Brush für 15 € (einer runden, bunten Plastikbürste zum Entfernen von Sand an den Füßen) oder der Selection belgischer Schokoladenbuntstifte für 10 € (auch glutenfrei erhältlich – fragen Sie unser Personal …). 

Ich hab schon Leute erlebt, die sich auf dem Rückflug Sonnencreme gekauft haben. Das waren die, die sich für die Beach Brush und die USB Luftmatratzen Musikbox entschieden hatten. Beim nächsten Urlaub haben sie die sowieso vergessen.   

Wenn Sie noch nicht weg waren:
Schönen Urlaub

Gregor Kelzenberg