Wie wäre es, einmal ganz in Ruhe durch Mönchengladbach zu spazieren? Vielleicht mehrmals, damit man auch jenseits der bekannten Orte wie Altstadt und Bunter Garten Entdeckungen macht? Die sind dabei nämlich garantiert. Als früheres ‚Rheinisches Manchester‘ war die Stadt einst ein Schwergewicht in der Textilbranche. Spuren davon sind heute noch überall zu finden.

Wer in Mönchengladbach ein Geschäft betritt, das auf einem größeren Areal liegt, hat gute Chancen, auf historischem Boden einzukaufen. Eine der am besten erhaltenen Anlagen aus der Zeit der großen Textilfabriken ist der Gebäudekomplex der ehemaligen Rumpuswerke an der Konstantinstraße. Hier sind noch das Maschinen- und Kesselhaus mit Schornstein, Produktionshallen der früheren Bleicherei, die Hallen für Weber und Färber sowie Stallungen und Bürogebäude zu sehen. Heute sind Handwerk und Handel in den Komplex eingezogen. Wer ein Fahrrad kaufen möchte, tut das in historischer Umgebung.

Wie an der Konstantinstraße werden viele ehemalige Fabrikanlagen heute neu genutzt: an der Künkelstraße genauso wie an der Schwalmstraße oder an der Rudolfstraße, der Watelerstraße und der Wickrathberger Straße. Kaum jemandem ist noch bewusst, dass hier das größte und bis heute prägendste Kapitel Wirtschaftsgeschichte der Stadt geschrieben wurde. Einiges ist daraus entstanden, das heute noch das Leben in Deutschland beeinflusst: So ist die Grundlage der gültigen Sozialgesetzgebung in Mönchengladbacher Betrieben entwickelt worden. Urlaub, Krankenversicherung, Weiterbildung, Begrenzung der Arbeitszeit: All das testete Franz Brandts in seiner Fabrik aus. Was sich bewährte, wurde in die Reichspolitik eingebracht.

Wie wäre es, einmal ganz in Ruhe durch Mönchengladbach zu spazieren? Vielleicht mehrmals, damit man auch jenseits der bekannten Orte wie Altstadt und Bunter Garten Entdeckungen macht? Die sind dabei nämlich garantiert. Als früheres ‚Rheinisches Manchester‘ war die Stadt einst ein Schwergewicht in der Textilbranche. Spuren davon sind heute noch überall zu finden. Die Schornsteine, die man heute hier und da noch sieht, prägten Anfang des 19. Jahrhunderts das Stadtbild. Die kleinen Doppelhäuser mit kleinem Nutzgarten, in denen früher die Arbeiterfamilien wohnten, sind heute beliebte Wohnhäuser. Ihre bunten Fassaden geben heute den Stadtvierteln ein fröhliches und unbeschwertes Gesicht.

Das führt dazu, dass die Geschichte oft etwas romantisiert erzählt wird. Doch auch wenn sie Stoff für eine Fernsehserie bietet: Das Leben damals war hart. Davon berichten acht Autorinnen und Autoren in dem Buch „Textil, Industrie, Kultur in Mönchengladbach“. In 15 Aufsätzen werden neben den positiven Aspekten auch die Schattenseiten des Erfolgs aufgezeigt: Kinderarbeit, Tuberkulose, soziale Ungleichheit, und die enge Verbindung zur Kolonialpolitik.

Das Buch, das von den beiden Geschichtswerkstättern Karl Boland und Hans Schürings herausgegeben wurde, bietet einen spannenden Einblick in die Geschichte Gladbachs: von den Hauswebereien über den Untergang ab den 1960er Jahren und dem Wandel der Stadt bis in die Gegenwart. Eine spannende Lektüre – nicht nur für Geschichtsliebhaber.

Garnet Manecke